Back on the podium

Back on the podium!

Vom Sommer in den Winter

Ich gebe es gerne zu: Die Rückkehr in die Schweiz hat mir dieses Jahr mehr Mühe bereitet als auch schon. Kamen wir doch pünktlich zu einem kleinen Wintereinbruch in Bern an und hätten nach 2 Monaten Spanien am liebsten gleich wieder gedreht. Schneeregen und bissige 2 Grad – nicht das, was man sich nach einem Winter an der Costa del Sol wünscht. Aber natürlich sind das Luxusprobleme.

Den Trainingsrhythmus übernahm ich dafür von Spanien gleich mit und war gespannt, wie sich die Form hier weiterentwickeln würde. In den letzten Jahren hatte ich nun zweimal die Erfahrung gemacht, dass die Laufform nach den ersten Wettkämpfen etwas zusammenbrach und die Leichtigkeit damit verloren ging.

Bald jedoch spürte ich, dass die Zweifel unbegründet waren und ich immer wie besser in Fahrt kam. Die Teilnahme Mitte März am 13km langen Thorbergtrail stellte für mich einen spielerischen Formtest dar. Ich konnte zwar bergaufwärts mit den Spezialisten mitlaufen, erhielt abwärts jedoch eine ordentliche Lektion in Sachen Downhill-Technik. So widerspiegelte der 6. Rang mehr meine technischen und weniger meine aktuellen physischen Möglichkeiten. Was auf jeden Fall blieb war ein übler Muskelkater.

Ein Duathlet auf Abwegen: Der Thorbergtrail stellte für mich eine echte Herausforderung dar. Unter dem Strich war ich froh, verletzungsfrei durchgekommen zu sein.

Schweizermeisterschaft Duathlon Sprint

Trotzdem fand ich im Resultat des Thorbergtrails viel Positives und legte den Fokus nun immer wie mehr auf den Saisonauftakt vom 14. April in Wallisellen. Dort fanden mit dem ersten Duathlon der Saison auch gleich die Schweizermeisterschaften über die Sprintdistanz statt. Der Walliseller-Triathlon hatte erstmals seit einigen Jahren wieder einen Duathlon im Programm, was bedeutete, dass der Austragungsort unbekanntes Terrain war.

Wir beschlossen, bereits einen Tag früher mit dem Van in die Region Zürich zu fahren um die Strecke zu inspizieren. Während die Laufstrecke eine überschaubare Sache war, versprach der Bikekurs zu einer giftigen Angelegenheit zu werden. Es war eine leicht wellige «Drückerstrecke», bei welcher man von A bis Z das Gaspedal durchtreten musste. Zudem beinhaltete sie mit Verkehrsberuhigungen und scharfen Richtungswechseln ein paar technische Herausforderungen.

Die Vorfreude auf das Rennen war riesig und ich kam mir vor wie ein Rennpferd, welches mit den Hufen scharrte. Das Teilnehmerfeld war zudem absolut hochkarätig besetzt. Es verriet also spannende Meisterschaften zu werden. Zudem freute ich  mich auch darauf, die ganze Szene wieder zu sehen.

Aufgrund des guten Gefühls wollte ich den 1. Lauf wenn immer möglich von der Spitze her laufen. 

1. Lauf, 2.5km

Aufgrund meiner soliden Trainingswerte der vergangenen Wochen und des guten Gefühls, beschloss ich, von Beginn weg möglichst an der Spitze zu laufen. Obwohl man zum Saisonbeginn nie so genau weiss, wer wie in Form ist, wäre ein zu langes Abtasten fehl am Platz gewesen. Nach dem Start ging die Strecke leicht ansteigend los und ich drückte von Beginn weg auf das Gas. Jeden Athleten, der überholen wollte konterte ich sogleich wieder. Es war damit trotz des schnellen Starts soweit ein kontrolliertes Rennen. Tatsächlich gelang die beabsichtigte Zäsur: Die 2km passierten wir unter 6min nur noch als Sechsergruppe. Dann begann kurz vor dem ersten Wechsel das Gerangel und das ohnehin schon hohe Tempo wurde nochmals erhöht. Wegen eines kurzen Moments der Unachtsamkeit verlor ich die Spitze an Jens Gossauer und lief damit nur auf Position 2 in die Wechselzone, welche sich in der Mehrzweckhalle befand.

Nach 6:50min waren wir als Sechsergruppe in der Wechselzone und liefen damit den ersten Lauf in 2:58min/km an. 

Ich verschätzte mich etwas und fand mein Bike erst auf den zweiten Blick. Der eigentliche Wechsel selbst war dann wiederum sehr gut und ich konnte mich nach dem Aufstieg auf das Bike gleich wieder an zweiter Position einreihen. Gossauer erwischte einen absolut perfekten Wechsel und holte kurzerhand über 10 Sekunden Vorsprung heraus. Rückblickend war es wohl die kurzen Unsicherheiten beim Wechsel, in welchen ich die Möglichkeit verschenkte um ganz vorne mitzulaufen.

Bike, 15km

Ich entschied mich bereits im Vorfeld, auf den Zeitfahrhelm zu verzichten – aufgrund der schnellen Wechsel und der Sonnenbrille wegen war mir diese Variante lieber. Nachdem ich mich noch kurz mit dem Startnummerband im Sattel verfangen hatte und ich mir beim Lösen beinahe die halbe Nummer abriss, konnte ich mich dann endlich auf das Radfahren konzentrieren. Ich fuhr sehr hart in die Steigung hinein mit dem Versuch, die Lücke nach vorne möglichst zu schliessen. Oben auf der Fläche legte ich mich dann in die Aeroposition und sah rund 200m vor mir den roten Rennanzug von Gossauer an der Spitze liegend.

Ein kurzer Blick zurück verriet mir, dass wir nur noch als 3er-Gruppe unterwegs waren – die ersten harten Minuten hatten also gewirkt und der Plan schien soweit zu funktionieren. In der Gruppe waren mit Fabian Zehnder und Benjamin Ueltschi zwei starke Radfahrer. Wir durften also hoffen, nach vorne noch was ausrichten zu können.

Bei 3km attackierte dann Zehnder in einer der kurzen Steigungen. Ich hechtete hinterher und konnte mit Ach und Krach die Lücke wieder schliessen. Hier merkte ich deutlich, dass mir die Intensitätsspitzen im langdistanzspezifischen Training fehlten. Beim Wendepunkt schien der Rückstand auf Gossauer einigermassen konstant geblieben zu sein. Zudem erkannte ich auch, dass wir die Verfolger definitiv abschütteln konnten und wir, wenn nicht irgendwas schieflaufen würde, die Medaillen unter uns ausmachen würden. Auch der sehr starke Holländer Wout Driever schien eher auf uns zu verlieren, was mir zeigte, dass wir grundsätzlich schnell unterwegs waren. Bei mir stellte sich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich kurz die Frage, ob «all in» nach vorne oder der Kampf um Silber die bessere Variante ist. Irgendwann schien sich eine Art Zusammenarbeit zwischen Zehnder und mir zu formieren und wir wechselten uns ca. alle 2km an der Spitze ab. 

Die 15km verbrachten Fabian Zehnder, Benjamin Ueltschi und ich als 3er-Gruppe. Wir hatten während des gesamten Rennens das Motorrad mit den Referees an der Seite, welche für ein faires Rennen sorgten. Kompliment auch hier an den Veranstalter!

Der Kampf um die Position vor dem 2. Wechsel ging 1km vor davor erneut los. Ich liess es geschehen und hielt mich zurück. Stattdessen bereitete ich mich mental auf die abschliessenden 4km vor. Auf Position 4 kam ich in die Mehrzweckhalle hinein, auf Position 2 verliess ich sie wieder.

In der Wechselzone konnte ich an meinen Kontrahenten sogleich wieder vorbeiziehen.

2. Lauf, 4km

Wir verliessen die Wechselzone über einen kleinen Weg, welcher uns weiter oben auf die Hauptstrasse führte. Zwar lief ich an der Spitze der Gruppe, pushte jedoch noch nicht mit letzter Konsequenz. Eine Spur Taktik war zu dem Zeitpunkt auf jeden Fall drin. Auf der langen Gerade tauchte weit vor uns liegend, Gossauer wieder auf. Zwar schienen wir an Boden gut zu machen, der Schweizermeistertitel war zu dem Zeitpunkt jedoch vergeben. Es ging also bei drei Athleten um die zwei übrigbleibenden Medaillen. Es fühlte sich für mich nun wie ein offener Schlagabtausch an: Zehnder verschärfte das Tempo, ich zog mit. Dann lief Ueltschi nach vorne und die kleine Lücke musste wieder zugelaufen werden. Nach dem Einbiegen in das Waldstück bei km2 war ich zweitweise kurz vor dem Explodieren.

Ein sehr hartes Rennen bei welchem wir uns nichts schenkten.

Nun musste ich richtig tief gehen um das Tempo zu halten. Vor dem inneren Auge tauchten all die guten Trainingseinheiten der vergangenen Wochen auf und fast gleichzeitig die Erinnerung an die teilweise knapp verpassten Medaillen der letzten zwei Jahren. Ob es diese kurzen Augenblicke waren oder nicht sei dahingestellt. Auf jeden Fall fasste ich mir rund 1.5km vor dem Ziel ein Herz, verschärfte das Tempo und lief kurzerhand nach vorne. Der kurze Antritt schien Wirkung zu zeigen und die Lücke zu Zehnder ging Meter um Meter auf. Ich verbot mir den Blick zurück und versuchte vielmehr nach vorne zu arbeiten. Ueltschi zeigte sich jedoch als enorm hartnäckig und ich beschloss, rund 200m vor dem Ziel in einer minimen Gegensteigung es nochmals mit einem Antritt zu versuchen. Meine Kräfte schwanden jedoch nun im Sekundentakt und statt nochmals zu beschleunigen musste ich kämpfen, um das Tempo überhaupt halten zu können. Es kam, wie es kommen musste: trotz grösstem Willen musste ich mich auf dem letzten abschüssigen Teil zum Ziel geschlagen geben und verpasste den zweiten Platz lediglich um ein paar Sekunden. Ziemlich entkräftet lief ich über die Ziellinie und brauchte danach kurz ein paar Sekunden, um mich zu fangen. Für mich war es jedoch definitiv eine gewonnene Bronzemedaille. Die Auswertung des 2. Laufes zeigte mir, dass ich alles aus mir herausgekitzelt hatte, was heute möglich war. 

Wallisellen hat uns Duathleten einen absolut perfekten Saisonauftakt geliefert und ich hoffe sehr, dass dieses Rennen auch weiterhin seinen Platz im Rennkalender haben wird.

Rangliste

Nach Locarno 2021 vergingen fast drei Jahre bis es endlich wieder die ersehnte Medaille an der Schweizermeisterschaft gab.

Gratulation an die Athleten!

Ebenfalls mit am Start waren Marcel Abrach, Dominic Zigerlig, Stefan Bisang und Andreas Blatter. Jeder von Ihnen schrieb seine eigene Erfolgsgeschichte. Kompliment an euch alle! #veryproudcoach

Well done Jungs! Marcel, Dominic und Stefan nach getaner Arbeit! (Es fehlt Ändu Blatter auf dem Bild)

Es war wieder Mal an der Zeit für einen erneuten Austausch mit Dan Aeschlimann im Rahmen des «Endurance Coffee Talk»-Podcasts. Es sind nur noch knappe 3 Monate bis der Startschuss für den Ironman Switzerland in Thun erfolgt.

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