Duathlon Europameisterschaft 2024

Duathlon Europameisterschaft 2024

Vorbereitung auf das erste Saisonhighlight

In meiner Duathlon-Zeit durfte ich bereits einige internationale Einsätze bestreiten, eine Europameisterschaft fehlte mir dabei allerdings noch. Die EM über die Mitteldistanz (10/60/10) fand im Rahmen des Powerman Alsdorf und damit ziemlich früh im Jahr statt. Ich konnte den Schwung von Wallisellen sehr gut mitnehmen und ein paar weitere wichtige Schlüsseleinheiten absolvieren. Am Setting des Bikes tüftelte ich ebenfalls noch etwas weiter herum und war damit guter Dinge für den bevorstehenden ersten Saisonhöhepunkt. Die Schweiz stellte bei den Elite-Männern mit sechs Athleten erfreulicherweise das grösste Team. Mit dem Ausgang des Rennens, so war es anzunehmen, sollte keiner von uns etwas zu tun haben. Zu stark war das Feld besetzt.

Unsere Schweizer Kolleginnen konnten jedoch zwei Medaillen erobern. Herzliche Gratulation an die Europameisterin Melanie Maurer und Olivia Keiser zu Bronze.

Bevor es am 5. Mai zum Showdown kommen sollte, absolvierte ich in der Woche zuvor mit Jens Gossauer, Kollege aus dem Nationalteam, ein paar gemeinsame Einheiten. Diese sollten uns beiden nochmals einen kleinen Formschub verleihen. Zudem war es auch cool, mal in neuer Umgebung und in Begleitung zu trainieren.

Was mir hingegen weniger gefiel war der extrem hohe Tonus im linken Hamstring. In meiner Zeit als Langsprinter hatte ich mir auch immer wieder Zerrungen eingefangen und wusste daher die Zeichen zu deuten. Deswegen war ich sehr wohldosiert unterwegs und horchte gut in den Körper hinein.

Die letzten Tage vor dem Rennen verbrachten wir dann in der Eifel, wo ich ebenfalls auf Trainingsbegleitung zurückgreifen durfte. Mit Dominik Neumann hatte ich vor Jahresfrist am Sassenberger Triathlon einen Kampf um Platz 2. Was damals Konkurrenz war, ist heute zu einer Freundschaft geworden. 

Mit guten Trainingswerten und einem noch besseren Gefühl, traf ich also gut vorbereitet in Alsdorf ein und war gewillt am Sonntag meine volle Leistung abzurufen.

Noch etwas verschlafen. Darum: Kaffee und Porridge im Van rund drei Stunden vor dem Start. 

1. Lauf, 10km

Alsdorf ist bekannt als flache und damit sehr schnelle Strecke. Wer meine Beiträge auch schon gelesen hat weiss, dass flache Velokurse nicht unbedingt zu meinem favorisierten Terrain gehört. Ich machte mir diesbezüglich jedoch wenig Gedanken, sondern freute mich einfach darauf den Stempel durchzudrücken und zu racen. Eine Pacingstrategie war denn auch nicht vorgesehen. Einfach mal drauflosballern war der Plan. Auf Rang 9 der aktuellen Weltrangliste im Langdistanz Duathlon liegend (tönt cool, ist aber auch ein bisschen ein Trugschluss…😉), durfte ich mich für einmal in die erste Startreihe hinstellen. Um 8.07 Uhr wurde der Startschuss für harte 2 ½ Stunden gegeben. Das 21 Mann grosse Elitefeld war stark besetzt und man war gut beraten das Lauftempo ganz vorne nicht mitzugehen. Einige der Jungs hatten 10km-Bestzeiten von unter 30min – nicht meine Liga.

Ein ähnliches Bild wie an den Schweizermeisterschaften in Wallisellen. Nicht ganz überraschend waren die Schweizer im 1. Lauf und über weite Strecken auf dem Bike gemeinsam unterwegs.

Der Hamstring schien zu halten und so positionierte ich mich bald im vorderen Teil der zweiten Gruppe und fand einen guten, wenn auch harten Rhythmus. Nicht ganz überraschend waren fünf Schweizer in dieser Gruppe mit dabei, was einmal mehr zeigt, wie eng das Leistungsniveau in der Schweiz ist. Aufgrund unseres sehr regelmässigen Rhythmus liefen wir in der letzten Runde zu den beiden Mitfavoriten Kubo und Holbach auf. Dank der schnellsten Wechselzeit von allen Startenden (!) lag ich zu Beginn der Bikestrecke auf Rang 7.

Bike, 60km

Das dies wohl nicht lange so bleiben sollte, war mir absolut klar. Der spätere Vize-Europameister Ondrej Kubo donnerte bald an mir vorbei. Ich nahm es gelassen, da ich wusste, dass dies definitiv nicht mein Level ist. Auch der kurze Zeit später vorbeiziehende Fabian Holbach, seines Zeichens Bronzemedaillen Gewinner vom Powerman Zofingen, ist ebenfalls als sehr starker Radfahrer bekannt, weshalb ich auch hier nicht einfach kopflos dranbleiben wollte. Allerdings sprang Gossauer hinterher, was auch mich dazu veranlasste, mitzuziehen. Tatsächlich fand ich einen sehr guten Rhythmus, wobei ich extrem darauf achtete, dass der Abstand eher bei 20m lag (die Windschattenregel besagt 12m Abstand zum Vordermann). Die Schiedsrichter waren erfreulicherweise in unserer Gruppe omnipräsent dabei, was die Sache sehr fair gestaltete. Insgesamt waren mit Gossauer, Zehnder, Alagona drei weitere Schweizer in diesem Zug dabei. Eine insgesamt also nahezu perfekte Situation für unser Team.

Nach 20km fuhren wir auf einen Franzosen auf, welcher sich ziemlich unglücklich in unsere Gruppe einreihte und dabei klar im Windschatten mitfuhr. Da der Schiedsrichter nicht sofort reagierte, kam es kurz zu einem eher unschönen Intermezzo zwischen Athleten und Referees. An dieser Situation zeigte sich auch, wie hoch der Fokus und die Anspannung war. Unterdessen hatte sich Zehnder an die Spitze der Gruppe gesetzt und ich war mir ziemlich sicher, dass er sich damit keinen Gefallen tat. Ich beschloss mich stillzuhalten – notabene wäre ich von Position vier nicht in der Lage gewesen nach vorne zu fahren.

Mehrheitlich gute 60km auf dem Bike. Einzig bei den Wendepunkten liess ich die Lücken immer wieder aufgehen und vergab so unnötig Energie.

Es war eine Art kleines Intervall: Immer nach den Wendepunkten musste ich sehr hart antreten, um die Pace halten zu können, wobei ich mich im Anschluss jeweils wieder sauber einpendeln konnte. Aber der Punch bei den Antritten fehlte mir offensichtlich. Ich stellte dennoch erfreut fest, dass die Lücke zu den vor uns liegenden Athleten Simon Huckestein, Thomas Cremers und Matthew Nelson kleiner und kleiner wurde. So langsam begann ich zu begreifen, wie schnell wir hier eigentlich fuhren. Tatsächlich war ich im Schnitt bei 320 Watt unterwegs.

Gleich zu Beginn der letzten Runde erwischte ich den Wendepunkt miserabel und musste die aufgehende Lücke von zeitweise fast 40m zu Gossauer wieder schliessen. Was kurz danach passierte, verbuche ich dann schlicht als Pech: Genau in dem Moment, wo ich wieder rangefahren war, richtete sich Gossauer auf. Ich interpretierte dies als Zurückfallen aus der Windschattenzone zum Vordermann und liess es einen Moment ebenfalls nur rollen. Erst dann realisierte ich, dass er sich mit Krämpfen herumschlug und überholte ihn umgehend. Unglücklicherweise ging durch meine Unachtsamkeit die Lücke zu Holbach und Zehnder damit gleich um fast 50m auf. Ich versuchte es kurz nochmals mit einem Antritt, musste dann aber einsehen, dass dieser Zug leider abgefahren war. Ich hätte dazu wohl einen Effort jenseits der 400 Watt über 1-2 Minuten gebraucht, wofür ich nicht mehr in der Lage war.

Nun auf Rang 9 liegend begann ich auch etwas die Taktikkarte zu ziehen. Ein Top10-Platz war mein nicht ausgesprochenes Ziel gewesen. Auf Biegen und Brechen voll fahren wollte ich nicht mehr, sondern setzte eher auf den 2. Lauf. Das bedeutete, dass ich schauen musste, dass die Lücke nach vorne nicht zu gross wurde, gleichzeitig die Leute hinter mir nicht herankamen und ich irgendwie noch halbwegs ökonomisch fuhr. Mit dem Teamkollegen Alagona im Schlepptau drückte ich nun die letzten 15km vorneweg. Kurz vor der Wechselzone war dieser verschwunden, dafür tauchte der Holländer Wout Driever neben mir auf.

2. Lauf, 10km

Dank eines erneut sehr schnellen Wechsels ging ich mit ein paar Metern Vorsprung auf die abschliessenden 10km.  Meine Beine fühlten sich jedoch während den ersten 5min gelinde gesagt, bescheiden an, so dass Driever langsam an mir vorbeilief und ich wieder auf Rang 10 lag. Dank der hereingerufenen Zwischenzeiten vom Streckenrand wusste ich nun, dass Zehnder 1:20 Minute vor mir und Ueltschi 1 Minute hinter mir lag. Es war nun ein kleines Psychospiel: nach vorne holte ich auf während ich nach hinten ebenfalls ein paar Sekunden einbüsste. Obwohl ich mich energetisch nach wie vor sehr gut fühlte, konnte ich aufgrund Krampferscheinungen im Oberschenkel bis km5 nicht schneller laufen, was echt nervte. Erst danach wurden die Beine endlich besser und ich konnte das Tempo etwas erhöhen.

Wenn man im Ziel über einen 10. Rang jubeln kann ist das doch eigentlich ein gutes Zeichen. Einige Sachen liefen perfekt bei anderen agierte ich etwas unglücklich. Aber im Endeffekt bleiben deutlich mehr positive Erinnerungen an die EM.

Dank einer sehr guten letzten Runde kam ich tatsächlich noch bis 11 Sekunden an Driever und 23 Sekunden an Zehnder heran und lief schlussendlich auf Rang 10 ein. Mit knapp 7 Minuten Rückstand hielt ich die Lücke auf die Siegerzeit so gering wie noch nie. 

Die Auswertung des gesamten Rennens und ein Blick auf die Resultate zeigt recht gut, dass mir in allen drei Teilen des Rennens die beste Performance auf einer Mitteldistanz gelang. Vor allem die Tatsache, dass ich nach dem harten Radfahren im 2. Lauf im Schnitt noch 3:34min auf den Kilometer laufen konnte, freut mich sehr.

Nach ein paar ruhigen Tagen geht es nun umgehend zurück ins Training. Es wartet noch einiges an Arbeit um das nächste Saisonhighlight, den Ironman Thun, vorzubereiten.

Wettkampfbericht swissduathlon

Einmal mehr war es eine runde Sache mit den Kollegen aus der Nationalmannschaft. Auf weitere gute Wettkämpfe!
(Es fehlt Benjamin Ueltschi auf dem Bild)

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