Duathlon Weltmeisterschaft Mitteldistanz

Duathlon Weltmeisterschaft Mitteldistanz in Viborg

Roadtrip

Die Weltmeisterschaften im dänischen Viborg stellten mich in der Vorbereitung vor allem auch vor die Frage, wie ich diese Kleinstadt in Jütland überhaupt erreichen will. Da es keine offizielle Schweizer Delegation gab bzw. die Athleten sich selbst organisierten, fiel meine Wahl dann recht schnell auf einen erneuten Roadtrip gemeinsam mit meiner Frau.

Also, Campervan packen, Zeitfahrvelo reinschmeissen und die Reise quer durch Deutschland in Angriff nehmen. An den jeweiligen Übernachtungsorten Freiburg, Kassel und Nortorf in Schleswig-Holstein konnte ich die finalen Einheiten sehr gut bestreiten.

Ich muss zugeben, dass ich in diesen letzten Tagen noch genauer auf meinen Körper zu hören versuchte was er mir denn genau für ein Feedback gibt. Zudem blieben bei mir nach der Veloleistung vom Duathlon Day doch einige kleine Fragen offen, auf welche ich mir nur bedingt eine Antwort geben konnte.

Mit der Überzeugung, dass der Formaufbau dennoch passt, trudelten wir am Donnerstag in Viborg ein und waren von der wirklich großartigen Altstadt positiv überrascht. Was mir ebenfalls sofort auffiel, waren die vielen Pflasterstein-Abschnitte auf welchen die Laufstrecke stattfinden sollte. Im Vorfeld hatte ich so einiges darüber gehört, nun erkannte ich aber sehr deutlich, dass diese Laufstrecke für entsprechende Selektionen im Rennen sorgen würde.

Streckencheck mit dem Teamkollegen Andi Kälin.

Am Freitag fuhr ich dann mit einigen Kollegen aus dem Nationalkader noch die Velostrecke ab. Nebst elend langen, schnurgeraden Strassen präsentierte sich der Kurs als extreme Drückerstrecke, welche praktisch keine Phasen des Durchschnaufens lieferte. Dabei gab es auch hier zwei kurze Abschnitte über Pflastersteine. Zusammengefasst nicht gerade das was ich an einer Radstrecke liebe. Trotzdem summierten sich die stetigen Wellen über die 60km zu knapp 500 Höhenmetern zusammen.

Kohlenhydrate futtern

Am Abend ging dann auch die Registrierung mit dem Fassen des Race Package sauber über die Bühne und so war ich auch mental zu 100% im WM-Feeling angekommen. Die angestaute Nervosität wich nun einer umso grösseren Vorfreude.

Nach zwei eher durchzogenen Nächten (das grundsätzlich sehr gute Hotel lag in unmittelbarer Nähe eines grösseren Lokals), war dann am Samstag um 5:30 Uhr Tagwache.

Ich konnte nach einem Tag Carboloading bereits fast keine Kohlenhydrate mehr sehen, trotzdem warf ich noch das eine oder andere zusätzliche Gramm beim Frühstück rein. Danach ging es recht zackig in Richtung Wechselzone wo ich so schnell wie möglich das Check-In machen wollte, damit ich im Anschluss noch ein paar Minuten für mich hatte. Der teils recht böige und frische Wind kümmerte mich wenig, es galt nun ganz einfach das Beste aus diesem Tag herauszuholen.

Beim Einlaufen ging ich noch einmal meinen Rennplan, Pacing und Verpflegung durch und reihte mich dann zur Athletenpräsentation ein. Der Startschuss glich einer kleinen Erlösung

Beim Fassen des Race Package wurde auch das Renntrikot geprüft.

1. Lauf

Es ging sofort ein ziemliches Gerangel um gute Plätze los aus welchem ich mich total raushielt. Vorne wurde ein solch horrendes Tempo angegangen, dass ich gut beraten war, mich eher hinten einzureihen. Nach einem Kilometer quer durch die Altstadt hoch und über Pflastersteine wieder runter, blinkte eine 3:04 auf meiner Uhr auf – wohlverstanden, ich lief im hinteren Drittel des Feldes. Dennoch wollte ich mich auf meine gute Laufform verlassen und heftete mich an die Fersen des Teamkollegen Fabian Zehnder, der jeweils ähnlich anläuft wie ich.

Die berühmte Ruhe vor dem Sturm: Das Elitefeld der Herren steht bereit. Der erste Lauf wurde knüppelhart angelaufen.

Nach 5km liess ich jedoch die Lücke bewusst etwas aufgehen, da ich nicht zu früh zu viele Körner verschiessen wollte. Immer wieder ermahnte ich mich, dass der Tag noch lang werden würde und ich auf dem Bikepart entsprechend Dampf machen wollte. Gemäss Strava sammelten sich über diese knapp 10km lange Strecke fast 140 Höhenmeter an. Die Durchgangszeit von 32:03 ging damit absolut in Ordnung, trotzdem wechselte ich in diesem 26 Mann grossen Elitefeld nur auf Position 22. Ja, an einer WM weht ein anderer Wind…

Die Laufstrecke hatte es echt in sich. Leider fehlte mir auf den ersten 10km etwas der Mut um an Fabian Zehnder dranzubleiben. 

Rad

Nach einem sehr guten Wechsel ging ich direkt hinter dem Italiener Domenico Passuello auf die 60km lange Strecke. Im Vorfeld hatte mir der rund 200m lange Pflastersteinabschnitt durch die Stadt am Meisten Sorgen bereitet – wenn es einen Ort für Defekte gab, dann wohl dort. Nach einem 20 Sekunden andauernden Gerumpel kam ich ziemlich durchgeschüttelt unten auf der Hauptstrasse an, wo ich kurz mal durchschnaufen und mich verpflegen konnte. Dann Kopf runter, mit dem Bike «connecten» und in der Racepace einpendeln. Rund 20 Sekunden vor mir erkannte ich erneut Zehnder und wollte mich nun langsam wieder nach vorne arbeiten. Allerdings passierte genau das Gegenteil: Ich verlor kontinuierlich an Boden und merkte gleichzeitig, dass es vermutlich ein Himmelfahrtskommando wäre, noch mehr Watt zu drücken. Da mir die Werte und auch mein Gefühl jedoch als absolut stimmig zu sein schienen, beschloss ich, meinen Rhythmus weiter zu halten. Immerhin schloss ich nach 20km zu Ben Price (GRB) und Matt Smith (AUS) auf und konnte diese auch sogleich abschütteln. Gleichzeitig sass mir auch Richard Lustenberger im Nacken, dessen Tempo ich nicht mitgehen konnte. Es war der Moment, in dem ich wirklich ein erstes Mal etwas zu zweifeln begann: Ich sah, dass ich vernünftige Werte drückte, konnte aber gleichzeitig nach vorne absolut nichts ausrichten. Auch die Kohlenhydrat- und Flüssigkeitsaufnahme funktionierte perfekt und so konnte ich mir auch bei der Analyse nach dem Rennen keinen wirklichen Reim auf diesen sehr grossen Rückstand auf die Vorderleute machen. Ausser die Erkenntnis, dass sich der messbare Trainingsfortschritt irgendwie noch nicht wie gewünscht auf der Strasse zeigt und die Konkurrenz momentan schlichtweg besser fährt.

Die gesparten Körner beim ersten Lauf konnte ich auf dem Bike leider nicht in etwas Zählbares umsetzen.

Wie dem auch sei: Nach einer weiteren Runde tauchten dann die beiden Franzosen Cadalen und Bourgeois vor mir auf, denen ich nun langsam näherkam. Beim Einbiegen in Richtung Wechselzone sah ich auch den aufsummierten Rückstand auf die Schweizer Kollegen Ott, Zehnder und Lustenberger und musste einsehen, dass ich diese Packung, welche ich auf dem Rad kassiert habe, nur schwer wettmachen konnte.

2. Lauf

Eines der im Vorfeld gesteckten Ziele war, mit einigermassen guten Beinen vom Rad zu kommen und einen vernünftigen zweiten Lauf zu zeigen. Tatsächlich gelang es mir auf dem ersten Kilometer sogleich eine 3:25 zu laufen. Auch die folgenden mit Höhenmetern gespickten Kilometer durch die Altstadt pendelte ich mich bei soliden Werten ein und hoffte, dass ich vielleicht doch noch etwas nach vorne ausrichten konnte. Nadia gab mir konsequent die Zeiten rein und tatsächlich konnte ich drei Athleten noch abfangen. So lief ich schlussendlich auf Rang 17 ins Ziel und beendete damit die erste Mitteldistanz-WM.

Michael Ott (2. von rechts) war mit dem 13. Rang der beste Schweizer. Auf dem Bild fehlt Andi Kälin.

Was bleibt…?

Ich bin zugegebenermassen etwas zwiegespalten. Die WM zeigte mir mit meinem aktuellen Niveau klare Grenzen auf, trotzdem konnte ich ein paar nominell stärkere Athleten hinter mir lassen was sicher auch dem aufgegangenen Rennplan zu verdanken ist. Der Frust über die eher schwache Leistung auf dem Velo bleibt jedoch. Da gilt es jetzt gut hinzuschauen, das Material zu checken und sicher vermehrt Kilometer auf dem Zeitfahrvelo zu verbringen. Unter dem Strich tut dieses harte Landen auf dem Boden der Tatsachen aber auch gut. Ich bekam die eigenen Schwächen schonungslos aufgezeigt und weiss nun auch was zu tun ist.

Für das Schweizer Team gab es an diesem Tag bei der Elite jedoch zwei Medaillen zu bejubeln: Melanie Maurer holte sich in einer dominanten Art und Weise den Weltmeistertitel und Sarah Noemi Frieden finishte souverän auf Rang 3. Herzliche Gratulation zu diesem sensationellen Ergebnis!

Es werden nun wieder trainingsintensivere Wochen folgen bevor am 12. Juni in Zug in der Standarddistanz (10/40/5) die Schweizermeisterschaften anstehen und eine Woche darauf der Powerman Frankreich (10/60/10).