Hoch hinaus in Corona-Zeiten! Gedanken zur Saisonplanung...
Nachdem die Saison 2020 für mich lediglich zwei Wettkämpfe mit sich brachte, fuhr ich den Motor nach der Duathlon-Schweizermeisterschaft während 3 Wochen trotzdem ziemlich stark nach unten und begann auf anfangs Oktober wieder mit einem geordneten Trainingsaufbau.
Nach wie vor scheint die gesamte Sportwelt Kopf zu stehen. Wettkampf um Wettkampf wird abgesagt und man stellt sich als Sportler zwischendurch sicher auch die Sinnfrage, wenn man sich wieder mal durch eine HIT-Session quält. Wann gibt es wieder Wettkämpfe, wie kann ich meine Saison planen und wie schaffe ich es, trotz den unklaren Perspektiven meine Form zu verbessern?
Aller Anfang ist die Zielsetzung
Soweit lautet zumindest die Theorie. Nun ist es aber durch und durch unklar, wann wieder verbindlich mit konkreten Zielen geplant werden kann. Nachdem ich diese Saison erlebte, wie sich bei vielen Athleten die Hauptwettkämpfe in Luft auflösten, bin ich sehr defensiv im Umgang damit geworden.
Rechnen wir aber einmal damit, dass im Frühjahr/Sommer 2021 wieder Wettkämpfe in grösserem bzw. halbwegs gewohnten Rahmen stattfinden können.
Ich gehe bei der Planung bei meinen Athleten/innen als auch bei meiner eigenen von folgenden fünf Grundsätzen aus:
1.) IST-Zustand mit dem SOLL-Zustand abgleichen: Wo will ich hin?
2.) In Zyklen denken: Was hat wann Priorität?
3.) Mit Entwicklungszielen arbeiten: Wie sehen die Zwischenziele aus?
4.) Belastung und Entlastung planen: Wie sieht die Trainingsstruktur aus?
5.) Jede Trainingsintervention begründen: Weshalb trainiere ich was?
Bezüglich der Planungsumsetzung orientiere ich mich in der Tendenz an der Idee der Blockperiodisierung (nach Issurin). Im Grundsatz besagt dieses Prinzip, dass sich jede Trainingsphase auf ein Minimum von Zielfähigkeiten konzentriert und diese dafür ausreizen soll. Konkret heisst das: konzentrierte vor vermischten Trainingsinhalten, Qualität vor Quantität.
Und ein weiterer Vorteil: Ich bin mit dieser Art von Periodisierung wesentlich flexibler im Formaufbau. Also genau das, was in Corona-Zeiten ein durchaus spannender Faktor sein kann.
Makroplanung - Das Jahr aufteilen
Um sich auf ein Ziel vorzubereiten lohnt es sich, das Jahr in verschiedene Blöcke aufzuteilen, in welchen klare Entwicklungsziele verfolgt werden. Man spricht dabei auch von sogenannten Makrozyklen. In Anlehnung an die oben genannte Blockperiodisierung habe ich über die Jahre hinweg das folgende, grundlegende Modell festgelegt:
Dabei hat jede Phase einen speziellen Zweck bzw. klare Absichten, was wie entwickelt und trainiert werden soll. Machen wir dabei den Vergleich mit einem Auto::
- den Motor gut zusammenbauen (Aufbaublock)
die Voraussetzungen schaffen, Belastungsverträglichkeit erarbeiten - den Motor vergrössern (Auslastungsblock)
die VO2max erhöhen, Technik, Athletik - den Motor ökonomischer machen (Entwicklungsblock)
die VLamax senken, Schwellentraining - den Motor tunen (Umsetzungsblock)
Wettkampfnahe Einheiten, Koppeltrainings
Nun gilt es vom Jahresziel auszugehen und die verbleibende Zeit rückwärts sinnvoll in die entsprechenden Phasen zu gliedern.
Man kann nun mit dieser Einteilung auch hier etwas herumspielen und die einzelnen Phasen je nach Athletentyp verlängern, verkürzen oder akzentuieren. Im Wesentlichen jedoch wird damit ein Formaufbau und damit auch eine Leistungsverbesserung stattfinden.
Mesoplanung - Die Monatsstruktur festlegen
Ist die Makroplanung erst einmal gemacht, kann man sich nun mit dem Mesozyklus, also der Planung der Belastung und Entlastung befassen. In der Regel spricht man hier von Drei- oder Vier-Wochen-Blöcke, wobei auf spätestens drei Belastungswochen eine Ruhewoche eingeschaltet werden sollte.
Während die Belastungswochen vom Volumen her aufbauend sein können, sollte in der Ruhewoche der Trainingsumfang auf ca. 50-60% des Wochenmittels reduziert werden.
Mikroplanung - Die Wochen planen
Schlussendlich gilt es die Woche nach den individuellen Gegebenheiten zu planen. Damit sind wir auf der Stufe vom Mikrozyklus angelangt. Dabei orientiere ich mich nun an den im Makro- und Mesozyklus festgelegten Entwicklungszielen und breche diese auf die einzelnen Trainingseinheiten herunter. Oberstes Gebot ist die optimale Belastungs-und Entlastungsfolge: Auf hohe Belastungen (hohe Intensität, hohe Umfänge) sollten niedrige Belastungen folgen.
Der Trainingsreiz wird zwar im Training gesetzt, vom Körper jedoch erst danach verarbeitet.
In meinem Fall bedeutet die Aufbauphase "unspezifisches Duathlontraining"
Was haben der Möntschelespitz, die Wätterlatte und das Sigrisiwiler Rothorn gemeinsam? Es sind alles Berge in der Region Thun, welche über 2000m hoch sind. Und wie kann man sie am Besten erklimmen? Genau, mit Bike und Turnschuhen! Was ich damit sagen will: Auch ich stecke mitten in der Aufbauphase wo das Training noch eher unspezifisch ist und genau solche Ausflüge wie Trailrunning, Biken oder Wandern erlaubt sind. So stehen Zeitfahrvelo oder Bahntrainings momentan sehr im Hintergrund. Diese werden früh und vor allem intensiv genug wiederkommen. Zudem ist der Saisonhöhepunkt auf den 30. Mai 2021 geplant. Das bedeutet, dass aktuell ein breites, eher umfangreiches und in diesem Sinne durchaus auch unspezifisches Ausdauertraining mit einer grossen Portion Entdeckergeist angesagt ist.
Die nachfolgend genannten Touren überraschten mich ehrlichgesagt selber und zeigten mir vor allem eines auf: Die eigene Wohnregion bietet auch nach 33 Jahren unglaublich viel Neues zum Entdecken! Daher kann ich zusammenfassend folgende Tipps mit auf den Weg geben:
- Baut aktuell ruhig etwas Höhenmeter ins Training ein. Bergaufläufe (oder eben auch Wandern) ist eine äusserst gelenkschonende Trainingsvariante, welche die Belastungstoleranz ideal erhöht und mit welcher gleichzeitig gute Umfänge absolviert werden können. Vorsicht ist natürlich beim Bergablaufen geboten…;-)
- Geht neue Wege und legt eure Hausrunde etwas zur Seite.
- Variiert mit dem Untergrund und absolviert intensivere Einheiten auch mal im Gelände.
- Nutzt das schöne Herbst- und Winterwetter und adaptiert eure geplanten Rollen- und Laufbandtrainings auf eine Outdoorvariante. Tourenideen dazu findet ihr auf Schweizmobil.
- Wenn ihr die ganz langen Einheiten nicht lassen könnt, kombiniert eine Wanderung oder ein Dauerlauf mit einer anschliessenden Biketour.
- Nutzt solche Ausflüge im Sinne des Aufbaus und der Festigung der allgemeinen Grundlagenausdauer. Diese wird euch in den späteren Phase gute Dienste leisten (beispielsweise für die Regenerationsfähigkeit oder dem Umsetzen von spezifischen Ausdauereinheiten).
- Die Verpflegung hat bei diesen Einheiten eine wichtige Funktion. Nutzt die Gelegenheit und beginnt bereits jetzt euren Magen etwas zu «trainieren». Bei Grundlageneinheiten (GA1 und GA2) mit einer Dauer bis ca. 2.5 – 3 Stunden empfiehlt es sich zwischen 30-60g Kohlenhydrate pro Stunde zu konsumieren. Bei noch längeren Trainings kann die Kohlenhydrataufnahme sogar bis 90g erhöht werden. Ebenfalls sollte auf 4-8dl an Flüssigkeitszufuhr pro Stunde geachtet werden.
- Legt den Wettkampf- und Leistungsgedanken zur Seite und geniesst einfach die Natur 🙂