Media Maraton Torremolinos

Media Maraton Torremolinos

Je eine Portion Frust und Vorfreude

Meine Stimmung war nach der Absage des Powerman Mallorca kurzzeitig nahe am Nullpunkt. Zum gefühlten hundertsten Mal fällt ein Anlass dem Corona-Virus zum Opfer. So gerne ich auch trainiere, gerade nach dieser weiteren Absage stellte ich mir dann doch für ein paar Augenblicke die Frage, weshalb ich mich durch irgendwelche Intervalle quäle und das Zeitfahrvelo mit nach Andalusien schleppe. Schlussendlich will ein Sportler auch Wettkämpfe bestreiten. Wie dem auch sei: die Saisonplanung ist bereits angepasst und so gut es geht auf die Duathlon Weltmeisterschaft in der Mitteldistanz vom 7. Mai ausgerichtet. Ob diese dann stattfinden wird, steht auf einem anderen Blatt Papier geschrieben…

Zum guten Glück fand ich meine Motivation sehr schnell wieder, schliesslich stand am 6. Februar der Media Maraton Torremolinos auf dem Programm, an welchem ich ein erstes Mal herausfinden wollte, wo ich läuferisch genau stehe. Im Normalfall würde ich im Februar nie und nimmer einen Halbmarathon laufen (notabene gibt es in der Schweiz zu dieser Jahreszeit auch keinen soweit mir ist) aber aufgrund der total anderen klimatischen Bedingungen und dem angepassten Trainingsload, freute ich mich umso mehr auf diese Challenge.

Ein Sprung in unbekanntes Terrain, irgendwo zwischen Nervosität und Vorfreude…

Keine langen Läufe

Ich verfolgte in den letzten zwei Monaten eine sehr klare läuferische Absicht, welche vorsah, voll auf Kontinuität zu setzen. Im Klartext bedeutet dies, dass ich zwar einen für meine Verhältnisse eher hohen Wochendurchschnitt von 70-75 Laufkilometern hatte, jedoch keinen einzigen Lauf über 80 Minuten absolvierte. Oder anders gesagt: qualitative Läufe und ein Verzicht auf klassische Longruns! Diese werden in meinem Fall erst zu einem späteren Zeitpunkt Teil des Trainingsplans.

Das Streckenprofil versprach eine sehr abwechslungsreiche aber auch kupierte Strecke mit irgendwas um die 160 Höhenmeter. Auf einen schnellen, abschüssigen ersten Drittel der Strecke folgen flache und gerade Kilometer, bevor es dann bei Kilometer 15 in einen langen, kontinuierlichen Aufstieg zurück in Richtung Stadion geht.

Das Streckenprofil zeigt sehr gut wie die 160 Höhenmeter zustande kommen.

Der Halbmarathon als „Ernährungssonderfall“

Ein Halbmarathon stellt in vielerlei Hinsicht eine Art Zwischendistanz dar, auch in Bezug auf die Verpflegung. Bei einem ambitionierten Athleten, welcher die 21km in einer Endzeit von 60-80 Minuten absolviert,

  • …ist ein klassisches Carboloading nicht zwingend notwendig. Natürlich aber sollte auf eine kohlenhydratreiche Ernährung, 7-12g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht (König et al., 2019) innerhalb der letzten 24 Stunden geachtet werden.
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  • …kann mit einer kohlenhydratreichen letzten Mahlzeit (mit eher tiefem glykämischen Index) vor dem Rennen auf die Kohlenhydratzufuhr während des Rennens verzichtet werden. (Wong et al., 2008)
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  • …kann mit einer guten Vorhydrierung (3-5ml pro Kilogramm Körpergewicht in den letzten zwei Stunden vor dem Rennen) unter Umständen ohne Flüssigkeitsaufnahme während dem Rennen gelaufen werden. Allenfalls kann ein regelmässiges «Mundspühlen» sinnvoll sein. Achtung: der individuelle Schweissverlust als auch die herrschenden klimatischen Bedingungen müssen beachtet werden!
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  • …kann man sich Koffein als Supplement zunutze machen. Das gilt natürlich nicht nur für einen Halbmarathon…  😉

Da ich das Teilnehmerfeld nicht kannte und mich lediglich anhand der Resultate der vergangenen Jahre etwas orientierte, stellte ich mich auf eine Siegerzeit von ca. 1:10 Std. ein. Beim Eintrudeln am frühen Sonntagmorgen fiel mir sofort auf, wie liebevoll und gleichzeitig leidenschaftlich dieser Anlass organisiert wird. Auch scheint er in der Gegend ein ziemlich wichtiger sportlicher Fixpunkt zu sein. So nahm ich mit rund 1300 anderen Läufer/innen um exakt 9:30 Uhr die Strecke bei wunderbaren (die lokale Presse bezeichnete es als „frühlingshaft“) Bedingungen in Angriff.

Gleich nach dem Start ging es bergab. Rechts von mir in gelb der spätere Sieger Jesus Antonio Aguilar Conejo.

Das Spiel mit dem Gefühl

Zu meinem Erstaunen übernahm ich bald die Spitze und führte das Feld bis ca. 5km direkt hinter dem Führungsauto an. Die Beine machten mit, die Atmung war kontrolliert und eine Portion Genuss war sogar auch noch dabei. Ein Athlet namens Jesus Antonio Aguilar Conejo nahm beim Einbiegen auf die 6km lange Strecke entlang der Promenade das Zepter in die Hand und ich realisierte schnell, dass dies wohl einer der rennentscheidenden Momente war. Ich gab mir genau einen Kilometer Zeit um herauszufinden, ob sein Tempo in meiner Reichweite liegt bzw. ich mich in diesem Rhythmus einpendeln konnte. Sehr rasch merkte ich jedoch, dass seine Pace über meinen Möglichkeiten lag. Eine 4er-Gruppe schloss kurz darauf von hinten auf und wir konnten fortan gemeinsam regelmässige Kilometerzeiten von 3:23min registrieren.

Die Phase zwischen Kilometer 9-13 war vor allem eine Kopfsache, weil ich in diesem Moment erstmals begriff, dass ich wohl ernsthaft um einen Podestplatz mitlaufen kann und sich gleichzeitig erste kleinere Ermüdungsmomente einschlichen. Die 10km-Durchgangszeit von 33:00min zeigte mir auch auf, dass ich sicher nicht zu langsam gestartet war. Ich versuchte den Rhythmus weiterhin hoch zu halten und bei den nun langsam auftretenden kleineren Steigungen zu testen, wer in dieser Gruppe wie stark ist. So liess ich auch den letzten Getränkeposten links liegen und machte nun in den teils recht steilen Rampen entsprechend Dampf ohne jedoch zu überdrehen. Bei Kilometer 18 warf ich erstmals einen Blick zurück und sah, dass wir nur noch zu zweit waren.

In der konstanten Steigung zwei Kilometer vor dem Ziel wollte ich nun auch den letzten Verfolger abschütteln und lief mich langsam in den dunkelroten Bereich. Dieser erwies sich als extrem hartnäckig und griff seinerseits dann auch prompt an. Ich schrie mich innerlich richtiggehend an die Lücke nicht aufgehen zu lassen und setzte 100m später zum Gegenangriff an. Weit vor mir sah ich nun die letzte Kurve vor dem Stadion während dem das Flimmern vor den Augen immer grösser und der Schmerz im ganzen Körper immer wie stärker wurde.

Beim Einbiegen ins Stadion stellte ich dann aber erleichtert fest, dass der zweite Platz sicher war und ich erlaubte mir, die letzten Meter noch etwas zu geniessen. Die Endzeit von 1:12:34 fiel auf jeden Fall besser aus als was ich mir auf dieser eher mässig schnellen Strecke erhofft hatte.

So gross kann die Freude über einen 2. Platz sein!

Kaum hatte ich die Ziellinie überquert, wurde ich vom Speaker gefragt, aus welchem Land ich denn komme. Wie ich später von meiner Frau erfuhr, sorgte dies beim kommentieren des Rennens für ein ziemliches Durcheinander: von United Kingdom über USA bis hin zu Schweden durchlief ich kurzerhand so einiges an Nationalitäten…

Wie dem auch sei: Nebst einem tollen Resultat stellt dieses Rennen vor allem eine bereichernde Erfahrung dar. Sei dies in Bezug auf die Streckenführung, dem tollen Support entlang der Strecke oder dem Moment direkt hinter dem Führungsfahrzeug. Wie sehr ich mich dabei jedoch am Limit bewegt hatte, merkte ich noch einmal deutlich, als ich nicht mehr ganz so rund aus dem Stadion lief. Das Auslaufen verkam dann auch mehr zum «Ausgehen»…

Videozusammenfassung der Organisatoren.