Mitja Maraton Pollenca

Mitja Maraton Pollenca

Der zweite Formtest

Unsere Zeit auf Mallorca neigt sich langsam, aber sicher dem Ende entgegen. Bevor wir uns aber auf den Weg nach Hause machen, fand der zweite Halbmarathon unter der spanischen Sonne statt. Ort des Geschehens war dieses Mal Pollenca, einer Stadt im Norden der Insel. Die Strecke stufte ich rein von der Topografie her schneller ein als diejenige in Torremolinos, weshalb ich mir, auch in Anbetracht der wohl besseren Form, eine Zielzeit um die 1:11:00 erhoffte.

In den vergangenen vier Wochen erhöhte ich das Trainingsvolumen deutlich, wobei zwei Drittel der Gesamtzeit auf das Velo fielen. Wie schon im letzten Artikel angetönt: Verwöhnt wurden wir durch perfektes Velowetter wahrlich nicht. Wind, Regen und unangenehm tiefe Temperaturen prägten die Zeit hier. Auch deswegen verbrachte ich leider ziemlich viel Stunden auf der Rolle.

Ich behaupte, dass ich wohl einer der schönsten Plätze für Rollentrainings hatte. Leider waren die sonnigen Minuten rar, so dass ich mehr darauf zurückgreifen musste als mir lieb war.

Erholung vs. Leistung

Ich trainierte also bis eine Woche vor dem Halbmarathon entsprechend umfangreich, war mir dabei jedoch sehr wohl bewusst, dass ich ziemlich sicher nicht in Höchstform am Start stehen werde. Das war jedoch durchaus einkalkuliert, da ich diesen Wettkampf vor allem auch zum Formaufbau nutzen wollte. Trotzdem reduzierte ich in der Wettkampfwoche den Umfang deutlich, bevor es dann in den nächsten Wochen in die Taperingphase für die Weltmeisterschaften von Anfangs Mai geht.

Overreaching und Tapering

Mit dem Functional Overreaching wird die erste, jedoch bewusst eingesetzte Stufe des Übertrainings bezeichnet. Diese kann bei anschliessend genügend Erholung zu einem zusätzlichen und gewünschten Trainingseffekt führen. Wenn man beispielsweise nach einer normalen Trainingsphase im gewohnten Umfang einen anschliessenden umfangreicheren oder intensiveren Trainingsblock einstreut wird der Körper kurzfristig überfordert, was ihn zu zusätzlichen physischen Adaptionen zwingt. Die daraus resultierende hohe Ermüdung führt vorübergehend zu einem kalkulierten Formverlust. Der Körper braucht nun zwingend genügend Erholung um die Reize zu verarbeiten und die Form steigern zu können.

Mit der anschliessenden Taperingphase wird das Trainingsvolumen bei gleichbleibender Intensität reduziert, was zu einer zusätzlichen Erholung und damit besserer Leistungsfähigkeit führt. Diese Phase kann zwischen 10 – 20 Tage dauern.

Quellen: Banister et al., 1999, Bundesamt für Sport BASPO, 2014

Während unser Hund Phanos seiner Müdigkeit freien Lauf lässt, versuche ich es drei Stunden vor dem Startschuss mit einem Espresso.

Das richtige Pacing ist der Schlüssel

Das Streckenprofil sah auf den ersten Blick moderat und durchaus schnell aus. Während die erste Hälfte leicht abfallend war, ging es nach einem flachen Mittelteil von Meereshöhe wieder auf 60m hoch, bevor man dann zum Schlussspurt ansetzen konnte. Aus den Ranglisten der letzten Jahre rechnete ich mit einem Rennen, bei dem die Podestplätze mit Zeiten irgendwo zwischen 1:08 – 1:12 weggehen würden. Als ich dann am Start stand, sich vor mir drei afrikanische Läufer aufstellten und diese von der Speakerin speziell begrüsst wurden, war mir schnell klar, dass die drei ersten Ränge vergeben sein werden (Was dann auch Tatsache wurde: Rotich Maxwell Kortek aus Uganda stellte in 1:02:20 auch gleich noch einen neuen Streckenrekord auf).

Mit 20 Minuten Verspätung wurden wir dann auf die Strecke geschickt und ich reihte mich in der zweiten Gruppe ein. Als bei mir dann aber beim zweiten Kilometer eine 3:01 aufblinkte, zögerte ich keine Sekunde und liess die 4er-Gruppe ziehen. Fortan pendelte ich mich alleine laufend auf dieser elend langen, schnurgeraden und leicht abfallenden Strasse zwischen 3:16 – 3:22min/km ein. Schnell merkte ich jedoch, dass die Beine nicht diese Lockerheit von Torremolinos aufwiesen und ein hartes Stück Arbeit vor mir lag. Die Kilometer zogen sich eher schleppend dahin und über weite Strecken lief man in diesem Streckenteil ohne Zuschauer. Aber die angenehmen Temperaturen und das strahlend schöne Wetter machten dies allemal wett.

Kurz vor Kilometer 18 war die mühsame Steigung nach Pollenca absolviert. Ich lief etwas zu früh im hochroten Bereich.

Die 10km passierte ich bei 32:41 und befand mich damit voll auf Kurs für die angestrebte Zielzeit. Ich hoffte jedoch innerlich, dass ich für diese eher schnelle Hälfte nicht zu viel Tribut zahlen muss. In die darauffolgenden, eigentlich sehr schönen Kilometer musste ich wegen des aufkommenden Windes entlang von Port de Pollenca extrem viel Kraft investieren und dabei einen von hinten auflaufenden Athleten ziehen lassen. Zu Beginn des leichten aber konstanten Anstieges zurück nach Pollenca realisierte ich, dass ich auf zwei Athleten vor mir wieder Zeit gut machte. So waren wir dann bald zu dritt und drei Kilometer vor dem Ziel noch zu zweit unterwegs. Zu diesem Zeitpunkt lief ich bereits am totalen Anschlag und ich merkte gleichzeitig, dass ich den hartnäckigen Briten Conrad Franks auch in den Gassen von Pollenca nicht abschütteln konnte. Ich bekam dann für meine stetigen «Tempoverschärfungsversuche» prompt die Quittung und konnte kurz vor dem Ziel seinem Tempo nicht mehr ganz folgen. Wie dem auch sei, ich quälte mich noch durch den letzten Kilometer und lief auf Rang 8 in einer Zeit von 1:11:33 ins Ziel, was gleichbedeutend mit meiner neuen Bestzeit ist. Wäre ich in den letzten Jahren damit immer auf das Podest gelaufen, war diese Zeit in diesem Jahr immerhin ein Top10-Ergebnis wert.

Obwohl ich mein Ziel nicht ganz erreichen konnte, bin ich mit dem Resultat sehr zufrieden.
Quelle: 
www.elitechip.net

Ich bin damit absolut zufrieden, auch wenn ich das Pacing im Nachhinein betrachtet zu Beginn des Rennens eher vergeigt habe. Egal! Was bleibt ist ein tolles Lauferlebnis und die Gewissheit, dass sich das spanische Überwintern bis dato auch sportlich definitiv ausbezahlt hat.