Powerman France

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Härter als Zofingen?

Im Vorfeld hatte ich viel von diesem Wettkampf in der französischen Region Provence-Alpes-Côte d’Azur gehört. Der Austragungsort Embrun liegt inmitten der Alpen auf einem felsigen Hügel, le Roc genannt. Bereits hier sei gesagt, dass der Name definitiv Programm ist.

Der Wettkampf der Powerman World Series, also eine klassische Mitteldistanz (10/60/10), machte mich vor allem auch durch seine extrem selektive Strecke neugierig. Während der 1. Lauf mit knapp 100 Höhenmetern noch eher moderat ist, geht es bei der Velostrecke mit 1500 Höhenmetern und dem 2. Lauf mit 250 Höhenmetern dann richtig zur Sache. So hörte ich auch ein paar Stimmen, welche sagten, die Strecke sei gar härter als Zofingen. So oder so, würde dies ein guter Test für die Langdistanz-WM darstellen.

Die grösste Herausforderung mit welcher ich mich, sowie alle anderen Athleten auch, konfrontiert sah, war die extreme Hitze. Bereits in den Tagen zuvor machte mir diese mehr zu schaffen als mir lieb war und schlug sich auch in Form von leichten Magenbeschwerden nieder.

So herrschten denn auch am Sonntagmorgen bereits um 8 Uhr Temperaturen um die 20 Grad. Ich versuchte mich so gut als möglich an diese bevorstehende Hitzeschlacht zu adaptieren: Pre Cooling, Vorhydrieren und das Einlaufen so kurz wie nur möglich zu gestalten.

Wasserhaushalt bei Hitze

Der Energieumsatz welcher während einer sportlichen Belastung entsteht, erzeugt Wärme. Konkret erwärmt der Verbrauch von 0,83 kcal 1 kg Körpersubstanz um 1°C. Dank der Thermoregulation, sprich die Anstrengungen des Körpers, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten bzw. zu senken, wird bei Anstrengung mehr Wärme bzw. Schweiss abgegeben.

Wenn nun hohe Aussentemperaturen, Sonnenstrahlung und Reflexion den Körper zusätzlich zur metabolisch produzierten Wärme belasten, ist das Herz-Kreislauf-System in diesem Moment also neben der Leistungserbringung auch mit der Kühlung beschäftigt. Durch einen zunehmenden Flüssigkeitsmangel verdickt sich das Blut, was sich wiederum in einer erhöhten Herzfrequenz niederschlägt. Dadurch leidet auch der Sauerstoff-, bzw. Nährstofftransport und die Leistungsfähigkeit sinkt. Insbesondere ab 30 Grad scheint ein schweissbedingter Gewichtsverlust von mehr als 2% zu einem deutlichen Leistungsverlust zu führen. Notabene verlängert sich auch die Regenerationszeit nach solchen Belastungen deutlich aufgrund der höheren Verluste an Flüssigkeit und Elektrolyten (insbesondere Natrium).

Da unter intensiven körperlichen Belastungen die Wasser- (und Kohlenhydrat)aufnahme zusätzlich erschwert wird, muss dies in Trainings entsprechend geübt werden.

Allenfalls lohnt es sich, geplante Pacingstrategien bei hochsommerlichen Temperaturen nach unten zu korrigieren um nicht in die Gefahr einer Dehydratation zu laufen.

Folgende Punkte gilt es zu beachten!

Bereits um 8 Uhr herrschten Temperaturen um die 20 Grad.

1. Lauf, 10km, 100 Hm

Das Starterfeld war natürlich vor allem mit französischen Athleten gespickt, aber alles in allem doch ziemlich international besetzt. So traf ich wie schon an der WM in Viborg auf die starken französischen Duathleten, welche das Rennen vor Jahresfrist dominierten.

Um 7:55 Uhr wurden wir Athleten dann auf die Reise geschickt. Ich liess es in der Abwärtspassage quer durch die Stadt eher gemächlich angehen, wusste ich doch, dass noch Einiges warten würde. Während vorne die beiden Bourgeois Brüder und Yannick Cadalen davonzogen, fand ich mich 3km später und rund 80 Höhenmetern tiefer auf Position 8 wieder. Nach und nach sammelte ich die vor mir liegenden Athleten ein und bog mit dem Elsässer Dorian Müller auf Rang 4 liegend in die ultrasteile Passage zur Stadt hinauf ein. Plötzlich meldete sich mein Magen mit einem leichten Ziehen und ich musste kurz etwas Tempo rausnehmen. Natürlich ging die Lücke sogleich auf, so dass ich schlussendlich auf Rang 5 in die Wechselzone kam.

Der 1. Lauf zog das Feld bereits in die Länge. Nach der Streckenhälfte konnte ich mich auf Rang 4 festsetzen.

Bike, 64km, 1500 Hm

Auf die Radstrecke freute ich mich ganz besonders. Auch deshalb, weil jede der drei Runden jeweils knapp 500 Höhenmeter aufwiesen und man so mit dem normalen Rennvelo definitiv besser bedient war. Da es jeweils auch kurze flache Passagen gab, montierte ich zusätzlich auch die Aero Bars und fühlte mich so entsprechend gerüstet für die vorliegende, rund zweistündige Fahrt. Mit einem Grinsen stellte ich beim Einchecken in die Wechselzone fest, dass ich unterdessen wohl einer der wenigen Athleten war, welche noch mit Felgenbremse und mechanischer Schaltung unterwegs war…

Erst als ich nach der Wechselzone auf dem Rad sass realisierte ich, dass ich wieder auf Position 4 lag. Der spätere Sieger Müller überholte mich dann bald wieder, so dass ich mich vollkommen auf mich fokussieren konnte. Der Trink- und Verpflegungsstrategie kam heute eine immense Bedeutung zu und so achtete ich penibel darauf, die 90g KH pro Stunde aufzunehmen und entsprechend mit Natrium angereichertem Wasser meine Flüssigkeitszufuhr zu ergänzen. Später sollte ich noch merken, dass ich durch den ungewohnt hohen Schweissverlust wohl etwas zu wenig Salz aufgenommen hatte. Man lernt eben immer dazu.

Ja, es hatte auch andere Radfahrer auf der Strecke an denen wir uns vorbeischlängelten. Während der Eine etwas am leiden ist, scheint es dem Anderen noch einigermassen gut zu gehen…;-)

Nachdem ich zwischenzeitlich auf Rang 6 zurückfiel, konnte ich erst Alexandre Bourgeois und eine Runde später Cadalen einsammeln, büsste selbst jedoch auch nochmals einen Rang ein. Man sah deutlich, dass die Pacingstrategien der Athleten sehr unterschiedlich aussahen. In der letzten Runde wurde dann die Hitze zunehmend drückender und ich wechselte bei der Verpflegungsstelle ein letztes Mal die Wasserflasche. So gut es ging, versuchte ich mich zu kühlen und die technische Abfahrt, welche Geschwindigkeitsspitzen jenseits der 70km/h aufwies, ein letztes Mal sauber zu meistern.

Beim Schlussaufstieg zurück nach Embrun, nahm ich bereits etwas an Watt heraus, um die Beine auf den bevorstehenden Wechsel vorzubereiten. Ob man nun ein paar Sekunden länger oder kürzer in der Wechselzone verbrachte, war heute definitiv egal.

2. Lauf, 9km, 250 Hm

Die Hitze in der Wechselzone erschlug mich beinahe und meine Beine fühlten sich leider auch beim Hinauslaufen nicht sonderlich gut an. Das in dem Moment jedoch Mühsamste waren die erneuten Magenkrämpfe. Nachdem ich einen Kilometer Seite an Seite mit einem von hinten aufgeschlossenen Athleten verbrachte, musste ich diesen beim ersten Verpflegungsposten ziehen lassen. Ich nahm mir dort entsprechend Zeit, um weiter zu kühlen und zu trinken. Die dreimal zu laufende, stark exponierte Runde war so angelegt, dass man jeweils von der Stadt 80 Höhenmeter auf den Talboden runter musste, dann vor der Felswand durch auf die andere Stadtseite lief, bevor es schlussendlich galt, die Höhenmeter auf einem Geröllweg in Richtung Start/Ziel wieder hochzuklettern. Kurzum, nebst der ohnehin selektiven Strecke herrschte eine Glutofenhitze.

Locker war das definitiv nicht mehr. Bei Temperaturen von über 30 Grad wurde der 2. Lauf zu einem Kampf gegen die Hitze.

Ich konnte zu Beginn in den flachen Teilen gerade noch so bei einem 4er-Schnitt laufen, schaltete jedoch bald in eine Art Überlebensmodus. Bezüglich der Abstände befand ich mich im Blindflug und so hiess es irgendwie durchbeissen und hoffen, nicht nach hinten durchgereicht zu werden. Immer wieder blickte ich zurück, in der Überzeugung, dass bald ein Schnellzug anrollen musste. Aber da war weit und breit niemand zu sehen. Vorbeilaufend an Age-Group-Athleten realisierte ich zunehmend, dass ich mir wahrscheinlich auf dem Bike einen guten Vorsprung herausgearbeitet hatte. Erst in der letzten Runde sah ich vor dem letzten Aufstieg Cadalen hinter mir auftauchen. Das setzte, wie aus dem Nichts, nochmals völlig neue Kräfte frei und ich drückte mich ein letztes Mal den Schotterweg zur Stadt hinauf. Auf Rang 6 lief ich schlussendlich ziemlich fertig über die Ziellinie, im Wissen, dass es mir gelang, einige starke Leute hinter mir zu lassen.

Rennen bestreiten heisst immer dazulernen

Die Analyse des Rennens lieferte mir einige wichtige neue Erkenntnisse, insbesondere in Bezug auf den Umgang mit extremer Hitze. Gerade weil nicht alles perfekt aufging, sind die richtigen Rückschlüsse umso entscheidender. Es zeigt vor allem auch, dass theoretische Lehrbuchkonzepte oftmals stark auf praktikable Formen angepasst werden müssen. Fortsetzung folgt und Zofingen kommt 😉

Eine Anmerkung in anderem Zusammenhang: Die Powerman World Serie wäre eigentlich das Pendant zu Ironman Veranstaltungen, hat aber in dem ganzen Triathlon-Hype eher ein Schattendasein. Sehr schade wie ich finde, gerade weil solche, mit Herzblut organisierte Rennen wie Embrun, mit attraktiven wie gleichermass harten Strecken definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Die Reise ins Département Hautes-Alpes kann ich jedem Multisportler im wahrsten Sinne des Wortes nur wärmstens empfehlen!

Vielen Dank an die Organisatoren für den immensen Aufwand! Eine Reise nach Embrun lohnt sich für jeden Duathleten!

Bilder: Powerman France und eigene