Stockhorn-Halbmarathon 2020
Nachdem vor einer Woche die Absage des Powerman Zofingen 2020 publik wurde, löste sich damit auch mein grosses Saisonziel in Luft auf. Neues Datum: 30. Mai 2021. Die Weichen für die kommende Saison sind damit bereits früh gestellt und ich bin überzeugt, dass sich der Aufwand, welchen ich in diesem Jahr betrieben habe, auszahlen wird.
Der Stockhorn-Halbmarathon sollte ursprünglich eine Zwischenetappe darstellen und mir Rückschlüsse auf mein Training geben. Nun wurde aus einem geplanten Vorbereitungsrennen eines der wenigen Saisonhighlights – jedoch ein sehr schönes, wie sich herausstellen sollte. Da das Stockhorn für mich als Thuner sowas wie der «Hausberg» darstellt, war der langersehnte Saisoneinstieg doppelt speziell. Hier kurz die Fakten zum Lauf: 21km mit total 1353m Höhendifferenz (+1724m / -371m).
Der Blick am Morgen vor dem Start von Zuhause auf das Stockhorn. Wunderschön aber irgendwie auch etwas steil…
Die Trainings im Vorfeld verliefen sehr erfreulich. Ich stellte im Basisbereich als auch bei Tempoeinheiten deutliche Fortschritte gegenüber dem Frühling fest. Für den Lauf selber hatte ich mir drei Ziele gesetzt:
- Den Lauf optimal pacen und regelmässig durchziehen.
- Eine Zeit unter 2 Stunden realisieren.
- Spass haben (!)
Da mein Trainingspartner Marco die 21km ebenfalls in Angriff nahm, beschlossen wir gemeinsames Spiel zu machen und legten uns eine entsprechende Taktik für den Lauf zurecht. Trotz oder gerade wegen des sehr stark besetzten Feldes wollten wir das Ganze eher offensiv angehen.
Mit einer ziemlichen Portion Nervosität stand ich nun also nach 7 Monaten Wettkampfpause um 9.50 Uhr am Start in Oberwil im Simmental. Ganz vorne setzten sich die Spezialisten sofort ab, während ich mich in einer rund 10-köpfigen Verfolgergruppe einreihen konnte. Das grundsätzlich konstante Tempo fiel an der ersten grösseren Steigung ziemlich in sich zusammen, was Marco und mich zur umgehenden Tempoverschärfung animierte. So waren wir nach rund 4km tatsächlich alleine auf Position 8 und 9 unterwegs und versuchten den Rhythmus zu halten, ohne jedoch zu überdrehen.
Wir nutzten jeden Verpflegungsposten und legten immer kurz ein paar gehende Schritte ein. Ziemlich genau bei Rennhälfte, in einer längeren Abwärtspassage schlossen drei Läufer zu uns auf. Als technisch nicht allzu versierte Downhill-Läufer liessen wir das geschehen und warteten auf den zweiten grossen, rund 6km langen Aufstieg. Jedoch wurde dort umgehend auf das Tempo gedrückt und Marco musste abreissen lassen (vielen Dank für deinen grossen Sportsgeist und das Pushen in diesem Moment!). So ging ich das Tempo mit und lief wohl zwischenzeitlich auch über dem Limit. Obwohl ich in diesem Moment eine kleinere Krise einfuhr, versuchte ich nicht gross auf die anderen zu achten, sondern das eigene Tempo konstant zu halten. Tatsächlich setzte ich mich plötzlich Meter für Meter ab und war irgendwann alleine, wiederum auf Position 8 unterwegs.
Bei Kilometer 17 in der letzten Downhill-Passage versuchte ich die Beine vor dem abschliessenden «piece de resistance» nochmals etwas zu schonen.
Nach dem Kulminationspunkt wurde ich von meinem Support-Team empfangen, welches mich zusätzlich in die letzten 3km hineinpushte. Was dann folgte wurde mehr zur mentalen als physischen Angelegenheit: Weit oben sah ich bereits das Ziel und hörte den Zielspeaker. Gleichzeitig spürte ich das erste Mal ein leichtes Zucken in den Waden und die vor mir liegende Wand schien immer wie grösser und höher zu werden. Da ich mich im Vorfeld mental auf diesen Moment eingestellt hatte, gelang es mir den Rhythmus hoch zu halten und mich kontrolliert in den roten Bereich hineinzulaufen. Der grossartige Support der Zuschauer trug das Seine dazu bei – echt sensationell!
Endlich kam das Schild mit der Aufschrift «noch 500m» in Sicht. Jedoch kann sich ein halber Kilometer elend lange anfühlen…
Kurz vor dem Ziel auf knapp 2190m über Meer.
Mit rund 3 Minuten Vorsprung auf den nächsten Verfolger kam ich auf dem 8. Gesamtrang mit einer Zeit von 1:56:17 ins Ziel. Ganz ehrlich: Erlösung pur!
Ich bin hochzufrieden mit dem Resultat. Vor allem aber mit der Art und Weise wie es zustande kam. Es war ein rundum kontrollierter und ruhiger Lauf, bei welchem ich zu den richtigen Zeitpunkten die richtigen Entscheidungen traf und jederzeit auf den Körper hörte. Zu meinem Erstaunen realisierte ich auf der zweiten Streckenhälfte sogar die 6.beste Zeit.
Mit einer Endzeit von knapp über 2 Stunden kam Marco auf dem starken 20. Rang ins Ziel!
Ein ganz grosses Dankeschön geht an das OK, welches den Lauf unter erschwerten Bedingungen hammermässig durchgeführt hat!
Die Zusammenarbeit mit Marco klappte hervorragend. Für ihn resultierte ein starker 20. Rang!
Praxistipps für deinen nächsten Berglauf
- Übe im Vorfeld die Rhythmuswechsel zwischen Uphill und Downhill.
- Mache dich mit dem Höhenprofil der Strecke vertraut.
- Nimm dir Zeit für die Verpflegung während des Laufes – die Zeit, welche du investierst, gewinnst du mehr als zurück!
- Lege dir eine klare Wettkampf- und Verpflegungsstrategie zurecht, höre jedoch zu jedem Zeitpunkt auf deinen Körper und sei auch mal bereit zu improvisieren.
- Wechsle bei sehr steilen Passagen in einen gehenden Schritt. Dieser ist ökonomischer (und schneller) als joggen.
- Variiere bei langen und eher steilen Abschnitten zwischen joggen und gehen.
- Investiere in dein Krafttraining (!)
- Richte den Blick nicht zu oft nach oben sondern nimm Abschnitt für Abschnitt…;-)