Von Davos via Nottwil nach Sassenberg

Von Davos via Nottwil nach Sassenberg

Aufarbeiten und weitermachen

Nach dem Ironman 70.3 in Westfriesland war erst einmal analysieren angesagt. Zu viele Sachen passten noch nicht wie gewünscht. Als eher hitzeempfindlicher Athlet sah ich den Einbruch primär der Hitze geschuldet. Trotzdem war die Diskrepanz zwischen Training und Wettkampf augenscheinlich, was mir einiges an Kopfzerbrechen verursachte.

Anfangs Juli nutzte ich die Gelegenheit und verbrachte ein paar Trainingstage zusammen mit dem Kollegen aus der Nationalmannschaft, Jens-Michael Gossauer, in Davos. Nebst gemeinsamen Trainingskilometern resultierte auch ein Podcast, welchen wir zusammen aufnahmen.

Unterwegs im Bündnerland mit «Brotträger» Jens. Schliesslich müssen die verbrauchten Kalorien auch wieder aufgenommen werden…;-)

Siegespremiere

Am Ende dieser Trainingswoche stand dann, quasi als Dessert, der Start über die Sprintdistanz (5/20/2.5) im Rahmen der swissduathlon-Serie in Nottwil auf dem Programm. Mit ziemlich leeren Beinen und ohne grosse Erwartungen nahm ich die Strecke in Angriff. Gemeinsam mit Jens und Fabian Zehnder bildeten wir zu dritt rasch die Spitzengruppe. Zu meinem Glück war das Tempo auf dieser mit Wendepunkten gespickten Strecke nicht übermässig hoch. Mit einem Schnitt um die 3:17min/km kamen wir geschlossen in die Wechselzone und verliessen diese auch gemeinsam wieder.

Nachdem ich dann auf den ersten 10km auf Position 3 liegend eher abwartend fuhr, beschloss ich, im zweiten Aufstieg zu attackieren. Da der 3. Rang sicher zu sein schien wollte ich etwas riskieren. Ich trat also an und konnte zu meiner Überraschung eine Lücke aufreissen. Obwohl es kurz vor dem zweiten Wechsel wieder zum Zusammenschluss kam, vertraute ich auf meine Laufbeine. Tatsächlich gelang es mir beide Kontrahenten in Schach zu halten und lief so ziemlich überraschend zum ersten Sieg im Rahmen der Serie. Manchmal klappt es eben genau dann, wenn man es nicht erwartet.

Auf diesen Moment musste ich lange warten. Ein schönes wie auch erlösendes Gefühl endlich mal ganz vorne zu stehen.

Sassenberger Mitteldistanz

Mit dem Gefühl, leistungsmässig einen Schritt nach vorne gemacht zu haben, stand der Juli dann ganz im Zeichen von hohen Trainingsumfängen. So sammelte ich weiterhin Kilometer zu Fuss, auf dem Rad und auch im Wasser. Dieser Trainingsblock mündete schliesslich im Sassenberger Triathlon, wo ich einen weiteren Versuch über die Triathlon-Mitteldistanz unternahm. Gleichzeitig sollte dies auch ein wettkampfmässiger Test vor der Duathlon-Langdistanz-WM in Zofingen sein.

Der mit viel Herzblut organisierte Anlass im Münsterland stellt eine echt coole Alternative zu den grossen Marken wie Ironman oder Challenge dar. Sie bietet den Teilnehmenden eine absolut gleichwertige Mitteldistanz.

Schwimmen im Feldmarksee: Trübe Sicht, kaltes Wasser aber trotzdem irgendwie schön…

Schwimmen, 1.9km

Das Schwimmen zum Auftakt fand im Feldmarksee statt. Glücklicherweise war der Neoprenanzug erlaubt, was es mir als schwächeren Schwimmer deutlich einfacher machte. Ich stellte mich ziemlich weit vorne ein und stürzte mich bereits in der dritten Startreihe in den See. Nachdem ich ein paar Hiebe abbekommen und mir meinen Platz freigeschaufelt hatte, versuchte ich gleich von Beginn weg einen hohen Rhythmus anzuschlagen. Obwohl ich mich ab und zu etwas im Seegras verfing, war das Gefühl sehr gut. Beim kurzen Landgang nach ca. 1000m stellte ich fest, dass ich mich wahrscheinlich irgendwo in den Top30 befand. Daraufhin durchquerte ich den See ein zweites Mal und stieg auf ziemlich wackligen Beinen ans Ufer. Die Umstellung von der horizontalen in die aufrechte Position stellt immer wieder eine kleine Challenge dar.

Bike, 90.5km

Nach einem unaufgeregten Wechsel ging es auf den 22.5km langen, total flachen Rundkurs. Flache Strecken zählen nicht gerade zu meinen Stärken, aber dennoch wollte ich mich so teuer wie möglich verkaufen. Meine Frau gab mir den Rückstand hinein und so erfuhr ich, dass die Lücke auf das Podest bei rund 4 Minuten lag. Der spätere Sieger, PRO-Triathlet Luca Heerdt, war mit einer Fabelschwimmzeit bereits auf und davon und lief einem ungefährdeten Sieg entgegen.

Ich ging die erste Runde defensiv an und pendelte mich im unteren Bereich der Racepace ein. Nach und nach sammelte ich Athleten um Athleten ein. Die Beine wurden zunehmend besser und das Gefühl passte. Die zweite Runde war dann geprägt von dichtem Verkehr durch die nach uns gestarteten Athleten auf der Kurzdistanz. So musste ich den einen oder anderen Bremser einlegen und sehr darauf achten, gefährliche Situationen zu antizipieren. Es waren teilweise regelrechte Mannschaftszeitfahren im Gange und es wurde oft auch zweireihig gefahren. 

Eine schöne, wenn zeitweise auch überfüllte Strecke. Ansonsten herrschten perfekte Bedingungen um schnell zu fahren.

Das machte es auch für meine Frau sehr unübersichtlich und ich wusste bis zum Ende der Radstrecke nicht genau, wo ich mich eigentlich befand. Die Durchschnittsleistung von 296 Watt zeigte mir jedoch auf, dass ich auf der Radstrecke den geforderten Wert geliefert habe.

Sehr zufriedenstellendes Ergebnis auf dem Bike. Die erhoffte Antwort auf den IM 70.3 Westfriesland kam glücklicherweise.

Laufen, 20.2km

Gleich beim Einbiegen in die Wechselzone gab es ein kleines Missverständnis und ich dachte zuerst falsch gelaufen zu sein. So stand ich einen kurzen Moment etwas verloren da und liess unnötigerweise wohl ca. 20 Sekunden liegen.

Die nun vor mir liegenden gut 20km stellten eine ziemlich unrhythmische Angelegenheit dar. 90% der Strecke waren Schotter- oder Waldwege und es gab sehr viele Richtungswechsel. Eine gewisse Originalität konnte man der Strecke jedoch nicht absprechen: Führte sie doch insgesamt tatsächlich viermal quer über den Campingplatz, wo auch wir stationiert waren. Trotzdem: Ein klassisches Pacing war beinahe unmöglich. Ich pendelte mich auf den ersten 10km zwischen 3:50 – 4:00min/km ein, was sich grundsätzlich okay anfühlte und passierte die 10km bei 39:30min. In Anbetracht der Strecke erschien mir das ein guter Schnitt zu sein.

Auf dem ersten halben Kilometer kam ich mir vor wie im falschen Film: Die Strecke war von Sonntagsspaziergängern und bereits gefinishten anderen Athleten völlig in Beschlag genommen worden und ich kam mir fast etwas blöde vor, als ich keuchend dahergelaufen kam. So vergass ich in der Hitze des Gefechts auch meine Uhr zu starten und drückte ein paar hundert Meter zu spät den Play-Button.

Der einzige geteerte Abschnitt führte viermal quer über die Campinganlage. Glücklicherweise feierten ein paar der Camper die Athleten entsprechend, so dass dies ein angenehmer Streckenabschnitt war. Ansonsten war die abwechslungsgreiche Strecke ein ständiges hin und her über Naturpfade.

In der zweiten Hälfte des Rennens kassierte ich leider ein paar langsamere Kilometer, obwohl ich gefühlt nichts anders machte als vorher. Trotzdem wurde es nun richtig hart und die Beine machten immer wie mehr dicht. Beim Einbiegen auf die letzte Runde lag der Rückstand auf Rang 2 nur noch bei 40 Sekunden. Da es auf der Strecke nun aber aufgrund der vielen Läufer/innen sehr unübersichtlich war, konnte ich nicht abschätzen, ob ich zu meinem unbekannten Gegner zeitweise sogar Sichtkontakt hatte oder nicht.

4:07 Stunden und Rang 3 lautete das Endresultat. Sicher eine solide Sache aber trotzdem bin ich überzeugt, dass läuferisch mehr geht.

Wie dem auch sei: Ich lief am Ende der Kräfte overall auf Rang 3 über die Ziellinie. Im ersten Moment sass vor allem der Frust über die durchschnittliche Laufleistung tief. Trotzdem sah ich, dass die Endzeit mit 4:07 Std. auf diesem Kurs und mit meinen überschaubaren Schwimmkünsten eigentlich ziemlich in Ordnung war. Insofern konnte ich mir nichts vorwerfen. Es gilt zu akzeptieren, dass ich hier und heute das gezeigt hatte, wozu ich in der Lage war. Nun gilt es, den vollen Fokus auf Zofingen zu legen.

Erneut stand gleichzeitig auch von mir trainierter Athlet am Start. Maurizio Calarese finishte mit neuer Mitteldistanz-Bestzeit auf dem 3. Rang seiner AK. Hervorragend gemacht!

2x Rang 3 für die beiden einzigen Schweizer Athleten am Start.

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