Elbaman - Saisonabschluss auf der Insel
Müdigkeit vs. Vorfreude
Wie im letzten Beitrag angetönt, machte ich nach der Langdistanz WM in Zofingen nicht gerade Jubelsprünge, den Elbaman zu bestreiten. Meldete ich mich doch mit der Idee an, Ferien und Saisonabschluss miteinander zu kombinieren – einfach nur Ferien wären ehrlichgesagt auch okay gewesen. Trotzdem freute ich mich mit jedem Tag mehr auf den Saisonabschluss auf der Insel. Der Elbaman war über Jahre hinweg die einzige Langdistanz in Italien und trug mehrere Male die italienische Langdistanzmeisterschaft aus. So ist die Veranstaltung bekannt für ihre äusserst selektive Radstrecke und die heissen sowie windigen Bedingungen. Höchste Zeit also, diese Challenge zu packen. Dass der Event heuer einen neuen Teilnehmerrekord verzeichnete, spricht eine deutliche Sprache.
Nach dem All-In-Rennen in Zofingen ging es nur noch darum, eine gute Balance zwischen Erholung und kleineren Reizen zu finden. Ich gebe es gerne zu: Eine Woche vor dem Elbaman fühlten sich die Sessions auf dem Bike unterirdisch an. Im Wissen darum, dass ich meinen Formpeak hinter mir hatte und ich bestimmt nicht mit 100% am Start stehen würde, nahm ich es dennoch einigermassen gelassen.
Ferien vs. Wettkampfvorbereitung
Da wir die Ferien aus terminlichen Gründen unglücklicherweise in der Wettkampfwoche planen mussten, ging ich das Projekt auch etwas in Ferienstimmung an. Neben Nadia war auch mein Schwager Patrick und dessen Frau Leontine mit auf der Insel. Es war insofern ein Mix aus Strand, kleineren polysportiven Aktivitäten, genussvollem Essen und den finalen Einheiten. Immer wieder habe ich es erlebt, dass mir solche Wochentage viel besser tun, als einfach stur auf den Startschuss zu warten und sich dabei halb wahnsinnig zu machen.
Am Mittwoch fuhr ich die Radstrecke mit dem Bike ab und gewann einen ersten Eindruck von dem, was mich am Sonntag erwarten sollte. Landschaftlich zwar spektakulär aber ein stetiges Hin und Her, steile Aufstiege und teils miserabler Strassenbelag. Gerade in den Downhill-Passagen wurde mir Angst und Bange. Zudem tat ich mich eher schwer in der Entscheidung zwischen Hochprofilfelge und Scheibenrad. Schlussendlich wählte ich den «sichereren» Weg und nahm das 57mm-Rad.
Gefühlt mitten in der Nacht ging das ganze Spektakel in Marina di Campo los. Bereits um 7 Uhr war der Schwimmstart.
Apropos sicher: Bereits am Samstagnachmittag war das Bike-Check-In angesagt. Ich prüfte nochmals alle Komponenten durch und war dann rund 12 Stunden später wieder an gleicher Stätte um die Verpflegung ans Bike zu bringen. Manchmal hat man gewisse Vorahnungen und so war ich lustigerweise wenig verwundert, als ich den platten Hinterreifen registrierte. Eine knappe Stunde blieb Zeit um das Problem zu beheben. Mit leicht erhöhtem Puls suchte ich den Bikeservice auf, während meine Supportcrew in Extremis das Scheibenrad aus dem Hotel holten um notfalls mit Plan B zu starten. Schlussendlich bekam ich dank dem netten Support von Startnummer 11 (er war Starter und OK-Mitglied) und von den Bikedocs Hilfe, so dass das Problem gerade noch rechtzeitig gelöst werden konnte. Trotzdem blieb ein etwas komisches Gefühl zurück. Statistisch betrachtet, sollte ich nun aber ohne Defekt über die 180km kommen – toitoitoi!
Nachdem die Bike-Probleme aus der Welt geschaffen wurden, genoss ich dann 30min vor dem Start den finalen Espresso.
Schwimmen, 3.8km (ziemlich sicher eher 3.5km…)
Wie immer vor den Rennen, versuchte ich mir auch hier einen Überblick bezüglich der Konkurrenz zu verschaffen. Der dreifache Elbaman-Champ Maximilian Kirmeier sowie der PRO-Athlet Herbert Entzinger schienen die beiden Jungs zu sein, bei denen die Musik spielen würde.
Es galt also den Schwimmrückstand einmal im Rahmen zu halten und danach meine Restform auszuspielen. Nach dem pünktlich erfolgten Massenstart in den Sonnenaufgang hinein, legte sich meine Nervosität allmählich etwas. Schnell bildeten sich zwei verschiedene Züge, wobei ich mich der linken und direkter schwimmenden Gruppe anschloss und mich an deren Füssen festbiss. Nach und nach sortierte sich die Situation und so bildeten wir schlussendlich einen Viererzug. Wenn ich das Gefühl hatte, dass das Tempo nachliess haute ich dem Vordermann auf die Füsse oder schwamm gleichauf. So wurde umgehend wieder Tempo gemacht. Selten gelang es mir auf diese spielerische Art und Weise zu schwimmen. Das Mittelmeer war zudem kristallklar und das tragende Salzwasser machte das Tempo deutlich schneller.
Beim Herauslaufen in die Wechselzone glaubte ich mich zuerst verhört zu haben: Der Rückstand auf die Spitze lag knapp unter 5min. Ein Start, den ich mir nicht besser hätte wünschen können. Ich eilte mit dem Wechselbeutel ins Zelt, schmiess das ganze Schwimmzeug hinein und stürzte mich auf die Radstrecke.
Eine traumhafte Kulisse in Marina di Campo.
Nach 55 Minuten entsprang ich dem Mittelmeer und war froh um eine kurze, «salzfreie» Dusche.
Bike, 182km, 2900Hm
Zum guten Glück war das Hinterrad noch intakt und so verbannte ich die Reifenpanne komplett aus dem Gedächtnis.
Ich bildete mir ein vom ersten Meter an zu spüren, dass ich heute nicht über die Beine verfügte, welche ich mir gewünscht hätte. Einmal mehr kam nach dem Schwimmen diese Trägheit auf, welche ich beim Duathlon diametral anders erlebe – auch wenn das logisch betrachtet keinen Sinn ergibt. Auf ging es der Küste entlang, vorbei an malerischen Klippen, durch rumplige Abfahrten und steile Aufstiege. Noch lag dieser Teil der Insel im Schatten aber es war abzusehen, dass es in den kommenden Runden vorbei war damit. Zwar gelang es mir, mich nach der ersten 45km-Runde an Position 3 zu setzen aber die Vorstellung, diese Strecke noch dreimal zu fahren, liessen die altbekannten Dämonen aufkommen. Bei km40 stand meine Supportercrew: 4min auf Kirmeier und bereits 7 Minuten auf Entzinger – dieser schien in einer anderen Kategorie zu fahren.
Auf Rang 6 liegend ging es in der Morgendämmerung auf die 182km lange Radstrecke.
Die zweite Runde wurde insofern etwas mühsam, als dass nun die Athleten von der Mitteldistanz auf der Radstrecke waren. Teils in bester Mannschaftszeitfahrmanier oder zu dritt nebeneinander fahrend, verhinderte dies ein flüssiges Vorankommen. Irgendwann klebte mir dann auch ein Athlet knapp am Hinterrad, worauf ich kurz meine Meinung kundtat und ihm deutlich zu stehen vergab, was ich davon hielt.
Das Gute am ganzen Überholen war, dass man etwas abgelenkt war. Die dritte Runde war dann gefühlt am Schlimmsten: Ich spürte die aufkommende Hitze und die Meerluft verstärkte das Durstgefühl deutlich. Während der Abfahrt von Marciana ans Meer überkam mich plötzlich ein Schwächeanfall, welcher sich in kribbelnden Extremitäten und leichtem Schwindel zeigte. Nun war es tatsächlich beinahe um mich geschehen und ich war so knapp vor dem Aufgeben wie noch selten. Aus unerfindlichen Gründen fand ich flachen Terrain den Tritt wieder. Entzinger hatte sich mit 15 Minuten nun definitiv verabschiedet aber Kirmeier war offenbar nur noch 3 Minuten vor mir und ich machte weiter Boden gut. Das war genau die Info, welche ich brauchte. So versuchte ich in der letzten Runde immer nach vorne zu schauen um ihn irgendwo erspähen zu können. Leider vergebens. Die abschliessende Runde verkam zu einer einzigen Tortur. Obwohl die KH-Aufnahme klappte, brachte ich null Druck auf die Pedale und schleppte mich mehr schlecht als recht die Aufstiege hoch. Nach einem weiteren Schwindelanfall fuhr ich die restlichen Kilometer eher behutsam in die Wechselzone. Mit 5:52 Stunden war es die zweitbeste Radzeit des Tages.
Dass ich den Marathon nach dem Bikekurs und nur drei Wochen nach Zofingen trotzdem noch in 3:05 Stunden laufen konnte, überraschte mich sehr positiv.
Marathon
Von schlechten Radbeinen lassen noch nicht zwingend auf schlechte Laufbeine schliessen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf ging es auf die Laufstrecke. Nur noch zwei Minuten auf Rang 2 erhielt ich als Info. In diesem Moment hätte ich darauf gewettet, dass ich Kirmeier einhole. Kannte ich doch seine Zeiten aus den Vorjahren – notabene nach kürzeren Bikestrecken. Vorerst vergrösserte sich der Abstand jedoch. Da ich aber zu diesem Zeitpunkt eine Marathon-Endzeit von ca. 2:55 Stunden ansteuerte, wollte ich auf keinen Fall härter laufen. Ich setzte schlicht darauf, dass es vorne automatisch langsamer wurde. Das sagte ich beim Vorbeilaufen auch meinen Supportern. Die Beine fühlten tatsächlich deutlich besser an, nun machte aber der Magen langsam aber sicher zu. Es wurde zu einem zweifach ausgefochtenen Kampf: einerseits das Battle um Silber, andererseits die Kohlenhydrataufnahme mit Übelkeit. Was hinter mir abging interessierte mich nicht.
Nachdem der Rückstand auf 4:30 Minuten angewachsen war, schien sich das Blatt tatsächlich zu wenden. Plötzlich lag ich wieder weniger als 4 Minuten zurück. Nun war ich überzeugt, dass nach vorne noch was geht. Ich versuchte weiterhin einen konstanten Rhythmus zu laufen, kühlte was das Zeug hielt und schüttete meinen KH-Mix und vor allem Cola in mich hinein. Es war ein reiner Tanz auf der Rasierklinge. Durch die drei Wendepunkte auf der Strecke konnte ich immer sehr gut einordnen wie der Rückstand war und vor allem auch wie der Gegner physisch noch aussah. Allerdings sah ich ihm keinerlei Schwäche an.
Den Halbmarathon passierte ich bei 1:29:40 Stunden aber spätestens hier war klar, dass ich nicht unter 3 Stunden laufen werde. Als ich kurz darauf knapp am Erbrechen vorbeischrammte und ich gleichzeitig merkte, dass ich nicht mehr näherkam, kapitulierte ich innerlich sicher auch etwas. So pendelte sich der Rückstand fortan bei diesen 4-5 Minuten ein.
Der Umstand, dass ich am Streckenrand auch bekannte Gesichter sah (Elba scheint ein beliebtes Feriendomizil zu sein 😉 ) und von Schweizern angefeuert wurde, motivierte extrem und half mir durch einige schwierige Kilometer.
Augen zu und ab durch die letzte Laufrunde. Hier bei km38 war das Ziel zumindest in Sichtweite.
Beim letzten Wendepunkt klatschten der entgegenkommende Kirmeier und ich nochmals ab, bevor es dann auf die finalen zwei Kilometer ging. Tatsächlich konnte ich diese dann nochmals etwas geniessen. Der Zieleinlauf mitten im Ort war dann in zweierlei Hinsicht ein Ankommen: Finish dieser «Extrem-Langdistanz» unter 10 Stunden und Abschluss der Saison 2025. Mit dem Podestplatz darf ich unter dem Strich sehr zufrieden sein. Vor allem bin ich aber auch dankbar darüber, dass ich einmal mehr gut über eine schwierige und nicht ganz ungefährliche Radstrecke gekommen bin. Kompliment an die Organisation für die wirklich gute Streckensicherung!
Die personalisierte Supportcrew 😉 Vielen Dank für eure tolle Unterstützung!
Ein überragender Herbert Entzinger gewinnt vor Maximilian Kirmeier und dem Duathleten die Jubiläumsausgabe vom Elbaman.
Offseason ahoi!
Die Saison 2025 ist Geschichte und um ein letztes Kapitel reicher. Ich denke, dass ich auf ein sehr erfolgreiches aber auch lehrreiches Jahr zurückzublicken darf. Mit erfolgreich meine ich jedoch nicht nur ausschliesslich die Resultate sondern auch den persönlichen Lernfortschritt und den Umgang mit schwierigen Momenten. So hatte jedes Rennen und jede Phase seinen eigenen Charakter und erzählte seine eigene Geschichte.
Und ganz ehrlich: Es sind nicht primär die Resultate sondern die Erlebnisse mit den Menschen, die einen begleiten und für einen da sind, welche es ausmachen. Meine Mutter, welche bei so vielen Anlässen dabei war, mitgelitten und zuverlässig supportet hat. Mein Vater, welcher die Reisen nach Deutschland unter die Räder genommen hat um dabei zu sein. Oder unsere Freunde Dominik und Anne, mit welchen ich dieses Jahr an mehreren Rennen durch Dick und Dünn gehen durfte. Schlussendlich ist es aber vor allem meine Frau Nadia, welche heraussticht. Sie hat all diese «Spinnereien», Höhenflüge und manchmal auch Zweifel mitgetragen.
Danke an dieser Stelle auch an Mario Schmidt-Wendling, welcher für die Trainingsplanung verantwortlich war. An Dominique Diezi, welche mich schwimmtechnisch ein grosses Stück weiter gebracht hat. Und an Christof, meinen inoffiziellen Sportpsychologen.
In diesem Sinne: Auf eine letzte Spinnerei im 2026!
Bist du auf der Suche nach einer Leistungsdiagnostik? Unsere Diagnostik-App bietet dir die perfekte Möglichkeit, einen Überblick über deine Leistungsfähigkeit zu gewinnen!
