Langdistanz Schlosstriathlon Moritzburg
Was hat die Berner Mundart Rockgruppe „Züri West“ mit einer Triathlon Langdistanz zu tun? Offensichtlich eigentlich nichts, doch in meinem Fall gibt es einen Zusammenhang. Dazu später mehr.
Ich habe mir für dieses Jahr ganz bewusst Wettkämpfe abseits von Ironman und Co. herausgesucht. Gründe dafür gibt es verschiedene aber gerade auch die gemachten Erfahrungen haben mir gezeigt, dass ich mich bei Veranstaltungen ohne Label definitiv wohler fühle.
Der Schlosstriathlon Moritzburg ist eine Traditionsveranstaltung, welche seit Jahren eine fixe Grösse im deutschen Rennkalender ist. Auch aufgrund des Wettkampfdatums vom 14. Juni entschied ich mich, diesen Wettkampf nach der Duathlon-WM als zweites Saisonziel anzupeilen.
Nach der Mitteldistanz in Rumilly wartete noch einmal ein harter Trainingsblock, der mich auf die Strapazen in Moritzburg vorbereiten sollte. Obwohl sich die Leistungswerte in die gewünschte Richtung entwickelten, hatte ich grösste Probleme mit dem Nacken und der rechten Schulter. Wahrscheinlich vom vermehrten Fahren in der Aeroposition ausgelöst, wurde der Schmerz schlussendlich zu einem Dauerbegleiter auf dem Rad und leider auch bei längeren Laufeinheiten. Teilweise war ich kurz vor dem Abbrechen von Trainings, weil die Schmerzen fast unerträglich waren. Trotz der super Unterstützung von meinem Physio trat keine wirkliche Besserung auf. Muskulär waren zwar gewisse Verhärtungen vorhanden aber nie in diesem Masse, als dass der stechende Schmerz und das zunehmende Ausstrahlen im rechten Arm dadurch erklärbar gewesen wären. Als dann erstmals die Vermutung eines Bandscheibenvorfalls in der Halswirbelsäule geäussert wurde, musste ich kurz leer schlucken. So hiess es in den letzten zwei Wochen vor der Langdistanz die Muskulatur so gut wie möglich zu lockern und gleichzeitig die finalen Einheiten sauber durchzuziehen.

So gerne ich mein Bike «Phanos 5» habe, so viel Kopfzerbrechen verursacht es mir manchmal. Die finale Schrauberei auf dem Campingplatz.
Mit einem etwas mulmigen Gefühl traf ich bereits am Donnerstag im sächsischen Moritzburg ein. Würde der Nacken und das Material halten? Denn: Die Radrunde, welche man sechsmal absolvieren musste, hatte insgesamt drei, teils sehr grobe Pavé-Abschnitte, welche es zu überstehen galt. Zugegebenermaßen ging ich nicht mit dem besten Gefühl in den Wettkampftag hinein. Worauf ich mich aber extrem freute, war das zahlenmässig zwar überschaubare aber stark besetzte Feld. So stand beispielsweise der deutsche Langdistanzmeister am Start. Zudem waren weitere Hawaii-Teilnehmer und Ironman-Podest-Athleten hier, welche die Langdistanz schon weit unter 9 Stunden gefinisht hatten. Der Duathlet gegen die Triathleten – man durfte also gespannt sein. Zudem stellte das Wetter eine grössere Herausforderung dar. Es war das erste heisse Sommerwochenende und so waren am Samstag um die 28 Grad gemeldet. Ich für meinen Teil blickte dem ziemlich gelassen entgegen. Die Hausaufgaben für ein allfälliges Hitzerennen habe ich definitiv gemacht.

Idylle beim Schwimmstart. Der Schwumm im Schlossteich hatte beinahe etwas Magisches. Abgesehen von den Algen…
Schwimmen, 3.8km
Bereits um 4 Uhr war Tagwache angesagt, schliesslich mussten wir um 7 Uhr bereits ins Wasser. Das Schwimmen im Schlossteich von Moritzburg stellt sowas wie das Herzstück der Triathlonveranstaltung dar. Die Kulisse war absolut einmalig und so sprang ich, nicht ohne Vorfreude auf dieses spezielle Ambiente, gemeinsam mit vielen anderen Athleten in den Karpfenteich hinein. Naiv wie ich war, fragte ich am Vortag noch, ob der von Algen übersäte Teich denn gesäubert werde? Nein, es wird so geschwommen wie er ist.
Ich ging das Rennen zwar ziemlich weit vorne an, war aber darauf bedacht, mich in den ersten 5min komplett aus dem Getümmel rauszuhalten. Das vorgängige kurze aber intensive Einlaufen zeigte zudem Wirkung und ich kam sehr schnell in einen guten Rhythmus hinein. Phasenweise konnte ich mich gut an irgendwelche Füsse heften und kurz vom Wasserschatten profitieren. Über weite Strecken jedoch war ich auf ich mich alleine gestellt. Beim Schwimmausstieg stand meine Frau Nadia bereits zuverlässig parat und gab mir den Rückstand auf die Spitze durch. 12min auf den Führenden tönen zwar nach viel, waren aber in meinem Falle innerhalb des budgetierten Rahmens. Die geschwommenen 62min sollten heute den Grundstein für ein gutes Rennen legen. Danke an dieser Stelle meiner Schwimmtrainerin Dominique Diezi, welche mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat und entscheidend mitverantwortlich ist für das Schwimmresultat.

Insgesamt viermal musste unter den Schlossbrücken durchgeschwommen werden. Der «Barockman» machte seinem Namen Ehre.
Bike, 174km, 1200Hm
Auf Rang 13 liegend, schnappte ich mir das Triathlonrad und nahm die Radstrecke, insgesamt 6 Runden, unter die Räder. Die wellige und eher unrhythmische Strecke war ziemlich fies. Flache und schnelle Passagen, schleichende Anstiege, kurze Rampen, scharfe Ecken und eben diese Pavé-Abschnitte.
Ich fand erstaunlich schnell einen guten Tritt und so leuchteten mir beim regelmässigen Kontrollblick auf das Garmin jeweils Werte um die 270 Watt entgegen. Ich beschloss bereits im Vorfeld etwas defensiver als das geplante Pacing zu fahren. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben mich immer wieder gelehrt, dass kompromissloses Fahren und Hitze eine denkbar schlechte Kombi sind.

Über 170km alleine fahren können lange werden. Die Schmerzen beim Nacken versuchte ich so gut es ging zu kaschieren.
Bereits um 9 Uhr drückte die Sonne ziemlich stark auf die sächsische Prärie runter. Der teils recht mühsame Wind tat aber zumindest in Sachen Kühlung seinen Dienst. Landschaftlich war die Strecke absolut top. Auch sorgten die zahlreich aufgestellten Helfer für geniale Bedingungen in Sachen Sicherheit und feuerten zudem die Athleten ebenfalls lautstark an. Grosses Kino!
Jedes Rennen hat bei mir seinen eigenen Sound. Im Falle von Moritzburg begleitete mich die Eingangs erwähnte Band „Züri West“ ziemlich hartnäckig mit einem ihrer eingängigen Songs (welcher es war, lasse ich hier offen…). Wie dem auch sei: Der vorwärtstreibende Rhythmus hatte eine Mantra ähnliche Wirkung und brachte mich auch in eher mühsamen Phasen super über die Strecke.
Aufgrund der regelmässigen Rundenzeiten und der konstanten Leistungswerte, blieb das gute Gefühl sehr lange vorhanden. Das ist im Vergleich zu Duathlon-Langdistanzen der grosse Unterschied: Im Triathlon muss ich mich jeweils nach dem mässigen Schwimmen alleine und kontrolliert nach vorne arbeiten, während ich im Duathlon meist bereits nach dem Auftaktlauf mitten im Renngeschehen drin bin. Die Dynamik ist dadurch komplett anders und nicht zu vergleichen. Einmal mehr stellte ich fest, dass diese zwei Disziplinen zwar miteinander verwandt aber eben trotzdem unterschiedlich sind.
Ich überholte nach und nach Kontrahenten und schüttelte diese jeweils sogleich ab. Auch die Verpflegung funktionierte einwandfrei und die knapp 450g Kohlenhydrate fanden den Weg an die richtige Stelle. Was mir jedoch nach bereits 50km das Leben schwer machte, war mein Nacken. Ich war zeitweise fast nicht mehr im Stande den Kopf zu drehen, weil es so schmerzte. Aber ich wusste, dass dies auftreten würde und hatte mir einen Umgang damit im Vorfeld zurechtgelegt.

Erst in der letzten Runde nahm ich etwas an Druck raus und bereitete mich mental auf den Hitze-Marathon vor. Dies auch in der Hoffnung noch auf das Podest vorrücken zu können.
Bei km130 bemerkte ich dann, dass sich die Flaschenhalterung an der Sattelstütze nach und nach löste. Am Vorabend noch hart angeschraubt, hatte sich das Teil wohl durch die ruppigen Pavé-Abschnitte gelockert und hing plötzlich nur noch an einer Schraube fest, um kurz später ganz wegzufliegen. In dem Fall war das glücklicherweise jedoch nicht weiters schlimm, da ich zu dem Zeitpunkt des Rennens nicht mehr auf drei Flaschen angewiesen war.
Beim Einbiegen in die letzte Radrunde erhielt ich die Info, dass ich unterdessen auf Rang 4 vorgefahren war. Nun machten sich erstmals im ganzen Rennen die Beine deutlich bemerkbar. Ich musste mehr arbeiten, um die Leistungswerte normal durchzudrücken und beschloss, da ich ohnehin allein unterwegs war, ganz leicht rauszunehmen. Vor dem Marathon in der Nachmittagshitze hatte ich zu grossen Respekt.

Im Hintergrund das Barockschloss Moritzburg. Spätestens nach dem Halbmarathon hatte ich dafür leider keine Augen mehr.
Lauf, 42km, 150Hm
Beim Hineinlaufen in die Wechselzone fluchte ich still vor mich hin, da der kiesige Untergrund durch den (zu) dünnen Teppich hindurch ziemlich weh tat. In erster Linie war ich jedoch froh, mit einer Zeit von 4:27 Stunden vom Rad zu steigen und mich dabei ziemlich passabel zu fühlen.
Der leicht wellige Kurs führte dem See entlang in den Schlosswald und von dort über Stock und Stein zurück in Richtung Wechselzone. Ähnlich wie die Radstrecke, gestaltete sich auch der Marathon eher zäh. Von sehr schnellen Passagen dem See entlang, bis zu wurzelig-steinigem Untergrund war alles dabei. Die ersten Laufkilometer fühlten sich schlichtweg genial an und so standen plötzlich Kilometerzeiten von unter 4min/km auf der Uhr. Ich mahnte mich selbst zur Zurückhaltung und nahm an Tempo raus. Das bis anhin gute Rennen konnte ich mir hier problemlos kaputt machen.
Ich erhielt auf der ersten Laufrunde von verschiedenen Seiten total unterschiedliche Informationen, was den Rückstand auf das Podest anging. Bei km6 bekam ich dann endlich eine klar abgestoppte Zeit und wusste nun, dass ich knapp 8min hinter dem 3. Rang lag aber bereits über eine Minute zugelaufen hatte. Hinter mir ging die Lücke eher auf, also voller Fokus nach vorne.
Ich versuchte weiterhin rhythmisch zu laufen, mich sauber zu verpflegen und zu kühlen, wie es nur ging. Ich passierte die 10km bei 41min und lief auch beim Halbmarathon noch bei 1:28 Std. durch. Die Hitze wurde nun richtig übel und ich merkte langsam aber stetig, wie ich den Überlebensmodus kippte. Bereits in der 4. Runde brachte ich meinen Kohlenhydratmix nicht mehr runter und legte beim Verpflegungsposten ein paar gehende Schritte ein. Von da an musste Cola als Verpflegung herhalten. Das Podest lag zeitweise „nur“ noch 6 Minuten vor mir, aber ich ahnte, dass ohne kapitalen Einbruch des Vordermannes keine Möglichkeit mehr auf Bronze bestand.

Kühlen, kühlen, kühlen! Leider musste ich nach dem Halbmarathon der Hitze Tribut zollen.
Mental war die 5. Runde die wohl härteste und ich kam übel ans Limit. Zwar wurden die Kilometerzeiten langsamer aber von einem wirklichen Einbruch war ich glücklicherweise noch weit entfernt. Ich legte nun den Fokus nebst dem Kühlen und Cola trinken auf die Endzeit. Diese versprach sehr gut zu werden und auch beim Marathon durfte ich auf eine Sub3-Zeit hoffen. Endlich kam die letzte Runde in Sicht und Nadia schickte mich mit einem Handschlag auf die finalen 7km. Ich quälte mich nochmals in diesen immer grösser wirkenden Wald hinein und kam schliesslich auf die Zielgerade.
Nach 8:35 Stunden überquerte ich die Ziellinie, ballte kurz die Faust und feierte still den 4. Rang. Dass ich den Sub3-Stunden-Marathon um 34 Sekündchen verpasst habe, ärgerte mich erst im Nachgang ein bisschen. Bei der Hitze und auf dieser Strecke war ich mit mir jedoch zu 100% im Reinen. Dass ich mich kurze Zeit später leicht dehydriert und unterzuckert im Sanitätszelt wieder fand, tat der guten Laune keinen Abbruch.
Danke dem Schlosstriathlon Moritzburg für einen sensationell organisierten Tag!

Ein solider 4. Rang und eine Endzeit von 8:35 Stunden. Der Duathlet hat sich im Triathlon einigermassen etabliert 😉
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