Triathlon Mitteldistanz Schweizermeisterschaft

Triathlon Mitteldistanz Schweizermeisterschaft

Vorgeplänkel

Im Rahmen des Triathlon Festival Valais fanden dieses Jahr die Schweizermeisterschaften über die Mitteldistanz statt. Ein Wettkampf, den ich mir als A-Rennen festgelegt und entsprechend dick in der Agenda eingetragen hatte. Da ich für Triathlon Oberwallis starte und zu Sion bzw. dem Wallis insgesamt einen engen Bezug habe, stellte der Wettkampf auch eine Art Heimrennen dar.

Bei den gemeldeten, sehr heissen Temperaturen und der äusserst anspruchsvollen Bikestrecke war mir bereits im Voraus klar, dass es eine lange, wie gleichermaßen sehr harte Mitteldistanz wird. Obwohl ich einen Grossteil der Streckenführung kannte, fuhr ich zwei Wochen zuvor die kleineren Strassen noch einmal ab. Diese führten kreuz und quer durch Weinberge, hatten zahlreiche unübersichtliche Kurven und teils schlechten Belag. Die Vorstellung hier auf all out zu gehen, bereitete mir zugegebenermaßen etwas Stirnrunzeln. Lange überlegte ich hin und her, welches Bike die bessere Wahl ist. Während auf den ersten 50km fast 1500 Höhenmeter warteten, war die zweite Hälfte dann eher flach. Schlussendlich erschien mir das TT-Bike dann doch als die bessere Wahl, jedoch mit angepasstem Setup.

Im Walliserboten wurde ich im Vorfeld als Medaillenkandidat gehandelt – Ehre und Bürde zugleich.

Schöne Morgenstimmung im Naherholungsgebiet Les Iles.

Schwimmen, 1.9km

Nachdem ich das Bike kurz vor 6 Uhr im Halbdunkeln eingecheckt hatte, sog ich die spezielle Morgenstimmung nochmals in mich auf. Der Start- und Zielbereich war sehr sympathisch um das Freizeitgebiet in Les Iles aufgebaut und der bevorstehende Hitzetag schien angerichtet zu sein für ein Triathlonfest.

Ich gebe es gerne zu: Die Anspannung vor dem Start war gross. Wie würde der Schwimmrückstand ausfallen? Gleich hinter mir stellte sich «mein Athlet» Dominic Zigerlig auf, der in seiner AK schlussendlich die Bronzemedaille holte.

Bereits im Vorfeld war klar, dass ohne Neopren geschwommen wird. Bei 26.5 Grad natürlich angenehmer, aber als mässiger Schwimmer halt ein zusätzliches Handicap. Trotzdem oder gerade deshalb freute ich mich trotzdem sehr auf diese zusätzliche Herausforderung. Da es ein Rolling Start war, sollte sich das ganze Startprozedere etwas entzerren. Ich stellte mich in der vierten Reihe ein und ging damit unter den ersten 20 Athlet/innen ins Wasser. Tatsächlich gelang es mir sehr hart anzuschwimmen und die erste Boje optimal zu erwischen. Danach versuchte ich den Rhythmus so hoch wie möglich zu halten und erwischte prompt ein paar schnelle Füsse. Leider musste ich diese wegen einer Drängelei ziehen lassen und war lange auf mich alleine gestellt. Nach dem Wendepunkt schwammen wir voll in die aufgehende Sonne hinein. Zum Glück wusste ich um diesen Umstand, hatte aber trotzdem grössere Orientierungsprobleme. Dadurch verkam die zweite Hälfte des Schwimmens etwas zu einer Geduldsprobe. Auf Rang 37 und mit 6min Rückstand auf das Podest, stieg ich um 7:35 Uhr aus dem Wasser. Eigentlich war das Gefühl gar nicht so schlecht, trotzdem fiel der Rückstand erneut etwas höher aus als erhofft.

Ich sprintete richtiggehend in die Wechselzone, zog in Windeseile die Socken an, schnappte mir das Bike und verliess das Areal über den Acker in Richtung Bikestrecke.

Bei 26.5 Grad war es wie Schwimmen in der Badewanne.

Bike, 89km, 1500Hm

Trotz aller Vorsichtsmassnahmen hörte ich kurz nach dem Aufsteigen auf der unebenen Strasse wie meine Wasserflasche davonflog. Es war mir absolut rätselhaft, wie das passieren konnte. Ich rechnete kurz hoch, dass ich nun bis zum Verpflegungsposten in Salgesch bei km 32 nun ohne Flüssigkeit und Kühlung auskommen musste. Mühsam aber machbar. Zudem war ich durch den See angenehm runtergekühlt und nahm es zu diesem Zeitpunkt einigermassen gelassen. Trotzdem zu 100% mein Fehler!

Aufsteigen und aufholen, so war zumindest der Plan.

Es ging mitten durch die Sittener-Altstadt hoch und dahinter direkt in die Weinberge. Es war ein wildes hin und her, rauf und runter – das alles bei teils schlechtem und rutschigem Belag. Landschaftlich sehr schön, aber man durfte sich nicht ausmalen, was bei einem Sturz passieren könnte. Wer die Gegend kennt, weiss was ich meine.

Ich pflügte mich durch die Athleten durch, hatte aber mit dem Neo-Profi Clement Maret plötzlich einen Athleten am Hinterrad, der sich nicht mehr abschütteln liess. Wir fuhren von nun an zusammen, aber leider musste ich den Grossteil von vorne bestreiten. Wahrscheinlich hatte es auch damit zu tun, dass er die Strecke noch weniger kannte als ich. Als ich dann nach ca. 20km am starken Ungaren Daniel Erdelyi dran war, witterte ich Morgenluft und glaubte zu spüren, dass ich gut unterwegs war. Was mir jedoch zunehmend weniger gefiel, war die sehr eigenwillige Streckenführung und vor allem deren Sicherung. Mehrere heikle Passagen waren definitiv ungenügend gesichert und in den Weinstrassen und Quartieren musste jederzeit mit Gegenverkehr und ausscherenden Autos gerechnet werden. Zudem musste man immer die Augen offen halten, um die Pfeile bzw. Richtungsänderungen frühzeitig zu erkennen. Es war ein stetiges Abwägen zwischen Racen, Orientierung und Sicherheit.

Mit dem Tourbillon im Hintergrund ging es die Weinberge hoch.

Langsam aber sicher näherte ich mich der ersten Verpflegungsstelle. Ca. 1km davor stand Nadia bereit und gab mir den Rückstand auf Rang 3 hinein: Er schmolz zwar, lag aber immer noch bei 5min. Da mein Terrain jedoch erst noch kommen sollte, war ich zuversichtlich die Lücke nach und nach zu schliessen. Ich rief ihr beim Verbeifahren zu, dass sie bitte auf dem Rückweg mit einer Wasserflasche beim Verpflegungsposten warten solle. Insofern wusste ich, dass wenn vorher etwas schiefgehen sollte, ich spätestens bei km60 Wasser haben würde. Und ja, es sollte schiefgehen und zwar gewaltig: Ich zeigte beim ersten Verpflegungsposten weit im Voraus an, dass ich Wasser haben möchte. Nun wurde mir aber bewusst, dass hier nur Iso in Flaschen gereicht werden und Wasser in Becher abgefüllt bereitstand. Man hätte also absteigen und sich die eigene Flasche selber füllen müssen. Ich wollte mir trotzdem eine Iso-Flasche nehmen, aber wahrscheinlich verwirrte die Helfer mein Gestikulieren und so wurde die Flasche in letzter Sekunde zurückgezogen. Ich hörte beim Vorbeifahren noch: „Quoi? Qu’est-ce qu’il a dit?“ Ich weiss, es war absolut keine böse Absicht dahinter, trotzdem fluchte ich nun ziemlich lautstark vor mich hin. Bei einer Schweizermeisterschaft, an welcher es um Sekunden geht und notabene an einem Hitzetag stattfindet, keine Wasserflaschen auszugeben (oder dann zumindest die Becher hinzuhalten) geht schlicht und einfach nicht. In all den Jahren habe ich das tatsächlich noch bei keinem anderen Rennen erlebt. Aber wahrscheinlich lag auch hier der Fehler bei mir, denn auf der Website (nicht aber im Athleten-Guide!) war es tatsächlich so gestanden und ja, ich hätte meine Flasche auch nicht verlieren dürfen. Trotzdem bleibe ich dabei: Für eine Meisterschaft auf dieser Rumpel-Strecke ist das ein No-Go! Genügend andere Athleten hatten das gleiche Schicksal.

Nun zeigte sich mein Begleiter Maret als echter Sportsmann und reichte mir kurz seine Wasserflasche. Vielen Dank an dieser Stelle für die Geste! Trotzdem hiess es eine weitere Stunde auf Kühlung zu warten.

Steile Aufstiege und rasante Abfahrten. Sehr schön aber extrem anspruchsvoll.

Nach einigen weiteren heiklen Momenten auf der Strasse, wartete schliesslich der 5km lange und 450 Höhenmeter hohe Aufstieg nach Bratsch auf uns. Ich überholte zwei weitere Kontrahenten und war mir sicher weiterhin an Boden gutzumachen. Der Aufstieg war happig und ich spürte nun ein erstes Mal die drückende Sonne.

Oben hiess es dann wieder den Kopf einschalten und die schnelle Abfahrt nach Leuk, Varen und Salgesch ganz zu überstehen. Ausser einem Auto, welches wir überholen mussten, verlief dies zum Glück gut. Endlich passierten wir den Verpflegungsposten in Salgesch zum zweiten Mal. Ich sah Nadia schon von weitem mit der rettenden Wasserflasche stehen. Trinken, kühlen und dann auf die letzten 20km zurück in Richtung Sion. Leider war der Rückstand auf das Podest wieder auf 6min angewachsen. Als ich dann, wegen eines missverständlich aufgehängten Pfeils noch 300m zusätzliche Meter absolvierte, musste ich mich zwingen ruhig zu bleiben.

Die Hitze legte sich langsam über das Rhonetal und ich bekam die fehlende Wasseraufnahme nun zu spüren. Ich brachte die nötige Power nicht mehr auf die Pedale. Der Samstagsverkehr vor Sion, der leider erneut nicht unter Kontrolle war, wurde noch einmal zu einer Geduldsprobe und so blieb bis zur Wechselzone eine weitere Minute liegen. Ich sah insgesamt drei TT-Bikes stehen – Rang 4 also. Aber eben, 7 Minuten auf dem Halbmarathon aufzuholen ist schlicht unmöglich.

Ziemlich gekocht kam ich beim zweiten Wechsel auf Rang 4 liegend an.

Lauf, 21.1km

Im Prinzip weiss ich unterdessen, dass ich mich auf einen soliden Halbmarathon verlassen kann. Die viele Führungsarbeit, die selektive Radstrecke und das fehlende Wasser bekam ich nun zu spüren. Die Lockerheit, welche ich noch bei der Mitteldistanz in Erlangen verspürte, war heute einer bleiernen Schwere gewichen. Zwar waren die ersten 10 Kilometer noch konstant unter oder im Bereich von 3:50min/km, aber ich musste mehr dafür arbeiten als mir lieb war. Maret zog mir Meter um Meter davon und so gab ich mich mehr und mehr mit dem 5. Rang ab. Der Support am Streckenrand war echt toll und ich bekam die Walliser-Unterstützung super zu spüren. Auch das gegenseitige Anfeuern und der Spirit unter uns Oberwalliser-Athleten war cool.

Nach 2:43 Stunde Fahrzeit auf dem Bike, war ich nicht mehr ganz so frisch wie erhofft. Ich denke dennoch, das Beste herausgeholt zu haben.

Von hinten drohte keine Gefahr mehr aber gegen vorne blieb der Abstand leider auch konstant. So legte ich den Fokus ab Rennhälfte voll auf mich und besann mich den eigenen Rhythmus hochzuhalten. Ich bekam noch mit, dass die Tour de Romandie der Frauen direkt die Brücke querte, als ich gerade unten durchlief.

Es wurde auch durch die zeitliche Dauer eine sehr harte Mitteldistanz, bei welcher ich erst nach 4:44 Stunden erlöst wurde. Zwar lief ich auf der letzten Runde nochmals etwas an den 4. Rang heran aber schlussendlich war das dann auch egal. Ich klappte im Ziel erst einmal zusammen und blieb liegen. Schweizermeister wurde in beeindruckender und hochüberlegenen Manier Samuel Studer. Von dem Rookie wird in den nächsten Jahren noch einiges zu hören sein, da bin ich sicher.

Rangliste Valais Triathlon Festival

Bericht Walliserbote

Rang 5 an einer Schweizer Meisterschaft mit starker Konkurrenz. Für den gelernten Duathleten ein gutes Resultat 😉

Und jetzt…?

Tatsächlich hatte ich ein Auge auf den Medaillen. Aber ich muss zugeben, dass dies auch mit einem perfekten Rennen schwierig zu erreichen gewesen wäre. Das Handicap im Schwimmen ist einfach zu gross. Klar, blieb eine kleine Enttäuschung zurück aber mit etwas Distanz weiss ich auch genau, was die Leistung mit diesen Umständen wert war. Der Kopf war danach jedoch müde, wie noch bei keinem Rennen in diesem Jahr. Deswegen werde ich gerade situativ schauen, was Körper und Geist aktuell verlangen. Ich freue mich nun am 7. September den Powerman Zofingen und Ende September den Elbaman bestreiten zu dürfen.

Das Valais Triathlon Festival in seiner zweiten Ausgabe war auf dem Eventgelände sicher eine gelungene Sache mit einem coolen Brand und viel Engagement. Allerdings sollte die Organisation bezüglich Sicherung der Radstrecke noch einmal gut über die Bücher gehen. Mit Daniel Erdelyi erwischte es einen Mitstreiter ziemlich übel. Es ist aus meiner Sicht ein Wunder, dass es nicht mehr Unfälle gab. Ich denke, wenn man die Radstrecke auf einem Rundkurs abhalten und/oder den Kanton/die Bevölkerung mehr mit an Bord holen würde, sähe die Sache schon anders aus. Dennoch ein grosses Dankeschön all den Freiwilligen für das Engagement!

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