Auf Trails durch den Winter
Nach dem krankheitsbedingt etwas missratenen Saisonabschluss in San Remo standen erst einmal ein paar ruhige Wochen auf dem Programm in welchen ich mir auch einige Gedanken machte, wie denn nun eigentlich der weitere sportliche Weg aussehen könnte. Sollte ich es doch noch mit einer PRO-Lizenz im Triathlon für die Saison 2025 versuchen? Könnte ich den Schwimmrückstand auf ein Mass reduzieren, welcher so etwas überhaupt rechtfertigt? Bis heute habe ich keine endgültige Antwort darauf. Wir werden sehen.
Auf jeden Fall juckte es mich trotzdem ziemlich bald wieder in den Füssen und ich entschied mich, diesen Herbst/Winter ein paar meiner Bucketlist-Wettkämpfe zu absolvieren. Ich hatte nicht allzu grosse Lust zu früh wieder ins spezifische Training einzusteigen und wollte auf jeden Fall ein paar Trail-Läufe zum Durchbrechen der Trainingsmonotonie nutzen. Wann wenn nicht in dieser Phase des Jahres?
Mit einem Laufumfang um die 3 Stunden pro Woche trainierte ich mit einem sehr überschaubaren Wochenpensum. Auch waren längere Läufe nicht auf dem Programm. Trotzdem erachtete ich meine Basis als gross genug, um trainingshalber an drei Wettkämpfen teilzunehmen. Ich würde sowas nicht machen, wenn ich mir meiner Physis nicht sicher wäre.
36er Skyrun, 8km/1600Hm
Wer diese Beiträge hier auch schon gelesen hat weiss, dass der Rosswald im Wallis eine Art zweite Heimat für mich ist. Das erste Mal fand in diesem Jahr der 36er-Skyrun statt, welcher von der Rosswald-Talstation direkt vor unserem Chalet vorbei, bis hinauf auf das Folluhorn führt. Auf 8km galt es die 1600 Höhenmeter zu überwinden. Das Coole an Bergläufen ist jeweils das heterogene Teilnehmerfeld. So hat es von Bergläufern und Skitourenspezialisten bis hin zu Multisportlern alles am Start. Bereits einen Kilometer nach dem Start zersplitterte das Feld in seine Einzelteile – vorneweg zog der Bergläufer Martin Anthamatten auf und davon und ward erst im Ziel wieder gesehen. Ich war bald mit Iwan Arnold, Mitglied der Skitouren-Nationalmannschaft, unterwegs.
Nach dem Passieren der Rosswald-Bergstation konnte ich mich dann in der zweiten Hälfte Meter für Meter absetzen und lief (oder wanderte…?) schlussendlich auf 2600 Höhenmeter auf dem 5. Gesamtrang ein. Für mich war das Top-Ergebnis insofern auch sehr schön, als dass auch Teile meiner Walliser-Familie das Rennen mitverfolgen konnten.
Fazit 1: Bergauf ist gehen manchmal die bessere bzw. effizientere Variante als rennen!
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Auf dem Gipfel war die Luft definitiv etwas dünn.
Gantrischtrail, 23km/955Hm
Etwas weniger steil, dafür umso flowiger ging es drei Wochen später ans Werk. Auch der Gantrischtrail ist einer der Läufe, welchen ich schon länger mal bestreiten wollte. Anfangs November ging es bei dickem Nebel auf die hügelige Strecke. Aufgrund der Teilnehmerliste erhoffte ich mir ganz vorne mitmischen zu können. Tatsächlich wurde aus dem Rennen ein Start-Ziel-Sieg und damit ein eher einsames Rennen durch die Gantrischregion.
Ich konnte bzw. musste den Fokus mehr auf die Streckenführung als auf irgendwelche Zweikämpfe richten und erwischte so glücklicherweise alle Abzweigungen richtig. Zeitweise war es eine sehr morastige und damit kräftezehrende Angelegenheit. So war ich im Ziel über die doch eher schnelle Zeit ziemlich erstaunt, obwohl ich die Bergab-Passagen standesgemäss verschlief.
Fazit 2: Bei einer Rennzeit von 1:42:00 Std. kann man je nach Formstand ohne Verpflegung durchlaufen!
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Durch Wälder und Nebel quer durch das Gantrisch-Gebiet lief ich einem deutlichen Sieg entgegen.
Trail des Châteaux, 32km/1800Hm
Am Meisten freute ich mich auf den Trail des Châteaux in Sion. Dieser fand am 14. Dezember bei eisigen Temperaturen statt. Insofern war es nicht nur ein Kampf gegen die Konkurrenz sondern auch gegen die Natur. Die Strecke war mir in gewissen Teilen durchaus geläufig – wohnten wir doch während einer kurzen Phase in Sion.
Das Teilnehmerfeld war gespickt mit Trail-Spezialisten aus der Romandie und Frankreich. So hatte ich auch hier nichts zu verlieren sondern lief nach eigenem Gutdünken drauflos. Dass ich absolut null zur Vorbereitung gemacht hatte und der Lauf für den aktuellen Formstand oberes Limit ist, war mir bewusst. Trotzdem war mir der Start wichtig und ich freute mich auf ein cooles, vielleicht auch etwas extremes Rennen. Ich betrachtete es mehr als harten und langen Trainingslauf – insofern waren die Ambitionen eher tief.
Von Beginn weg schaute ich weder gross nach links oder rechts sondern suchte in der eisigen Kälte den eigenen Rhythmus. Bereits kurz nach dem Start war die Streckenführung echt eine Attraktion: So ging es quer durch die Altstadt, mitten durch die Brauerei von Valaisanne und über die Rebberge hoch in Richtung erstem Châteaux, Mont d’Orge.
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Nach einem Drittel des Rennens kam ich in Führung liegend beim Châteaux de la Soie an.
Bereits in der ersten Steigung übernahm ich kurzerhand die Führung und kam relativ locker von den anderen weg. So konnte ich mich oben erst mal in Ruhe verpflegen und dann den flachen Teil eher gemächlich laufen. Ich wollte nicht zu früh zu hart und alleine laufen. Nach dem Überqueren von Mont d’Orge war ich mit dem Trailspezialisten Jules Herter alleine an der Spitze und wir wechselten kurz ein paar Worte miteinander. Dann ging es hinein in die erste richtig üble Steigung hoch zum Châteaux de la Soie. Es war mehr ein Klettern und Wandern. Ich merkte deutlich, dass ich das Momentum auf meiner Seite hatte und konnte eine kleine Lücke aufreissen. Erneut liess ich mich beim flachen Zwischenteil wieder einholen und versuchte so etwas die Taktikkarte zu spielen. Unterdessen schloss von hinten der Brite Chris Brown auf und so waren wir fortan zu dritt unterwegs. So wurde aus unserem Dreiergespann im langen Aufstieg zum höchsten Punkt eine Art Teamwork. Wir pushten uns gegenseitig, wechselten die Führung und halfen uns mit der Verpflegung aus. Alles in allem ein Bild mit Seltenheitswert.
Ich bestritt den Grossteil von Vorne, da ich nach wie vor zu glauben spürte, am Berg der Stärkste zu sein. Zudem wollte ich nach hinten einen möglichst grossen Abstand schaffen für die sehr sehr lange Downhill-Passage. Oben kämpften wir uns erst Mal durch den Schnee durch bevor es dann immer wie steiler bergab ging. Immer noch vorneweglaufend versuchte ich so gut es ging die Handbremse zu lösen. Nach knapp 2 Stunden Renndauer bzw. 20km war es dann um die Führung geschehen. Von hinten schloss ein weiterer Läufer auf, während ich meine neuronal total kaputten Beine kaum mehr vom Boden heben konnte. So liess ich die anderen passieren und hängte mich an Position 4. Bald zersplitterte sich die Gruppe und ich war mit Herter wieder alleine unterwegs. Die teilweise sehr schmierige Unterlage machte das bergablaufen nicht einfacher und so legte es mich mit voller Wucht hin. Etwas benommen blieb ich kurz liegen, rappelte mich wieder auf lief nun auf Position 4 liegend immer etwa 30m hinter dem Podestplatz her. Kurze Zeit später konnte ich den zweiten Sturz mit Mühe und Not vermeiden, was mich nun aber definitiv einen Gang nach unten schalten liess und ich beschloss, ab sofort null Risiko mehr einzugehen. Zudem spürte ich die Renndauer ziemlich deutlich und die fehlenden Läufe machten sich nicht ganz überraschend bemerkbar.
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Nach dem höchsten Punkt auf 1600m ging es durch den Schnee abwärts.
Unterdessen wurde ich vom späteren Sieger auch noch überholt und so kämpfte mich nun über die Treppen die Weinberge nach unten, nur um auf der anderen Seite über das Tourbillon alles wieder hochzulaufen, Teilweise musste ich kurz stehenbleiben, da ich nicht sicher war, ob ich noch auf dem richtigen Weg war. Meine Frau Nadia, welche immer wieder am Streckenrand auftauchte, versuchte mich weiterhin zu pushen. Aber auch sie merkte, dass ich langsam aber sicher etwas auf dem Zahnfleisch lief. Nun hiess es die Konzentration nochmals hochzuhalten um auch die letzten zähen Kilometer sauber zu überstehen.
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Ziemlich gezeichnet und mit komplett leeren Beinen ging es über die beiden letzten Châteaux, Tourbillon und Valère.
Nachdem ich endlich auf dem Tourbillon war, quälte ich mich die mühsamen Treppenstufen hinunter. Die Beine waren nach 10km Downhill nun total zu und standen kurz davor den Dienst zu quittieren. Insofern war ich dann echt froh als ich endlich via Valère in die Altstadt von Sion einlief. Dass meine Zeit im letzten Jahr deutlich zum Sieg gereicht hätte, zeigt sicher auch wie hoch das Niveau am heutigen Tag war. Ein solider 5. Rang, vor allem aber das grandiose Erlebnis bleiben mir in Erinnerung. Wieso nicht auch wieder im nächsten Jahr?
Fazit 3: Downhill laufen ist eine Kunst!
Ich kann nach der Offseason nun auf gute zwei Monate Training zurückblicken. Die gezeigten Resultate liegen in einem guten Aufwand-Ertrag-Verhältnis und zeigen mir, dass der Motor schon wieder ziemlich rund läuft. Nun wird es auf jeden Fall eine Spur umfangreicher und konkreter. Nächster Halt in der Saisonvorbereitung: Media Maraton Torremolinos!
Hast du eine sportliche Vision, welche du verfolgen möchtest, bist dir aber nicht sicher,
wie du diese angehen sollst?