Mitteldistanz Würzburg

Mitteldistanz Würzburg

Training, Training, Training

Der letzte Rennbericht endete mit dem Hinweis, dass noch einiges an Arbeit für den Ironman Thun wartet. Das, was damals angekündet wurde, bewahrheitete sich in den letzten Wochen. Es wurden Umfänge in für mich neuen Dimensionen absolviert. Im Laufen kamen Intervallserien von 21x800m/200m zum Einsatz und auf dem TT-Bike waren 4x30min Mitteldistanz-Racepace an der Tagesordnung. Danke Coach, geschont hast du mich wahrlich nicht 😉

Beim Schwimmen konnte ich glücklicherweise oft mit Melanie Maurer, Kollegin aus der Duathlon-Nationalmannschaft, zusammenspannen und regelmässig gemeinsame Einheiten absolvieren. Irgendwie noch lustig, wenn sich die Duathleten zum Schwimmen treffen…

Obwohl 99% der Trainings absolut wunschgemäss verlief, merkte ich deutlich, dass der Körper sich nach und nach in Richtung Limit bewegte. Es zwickte und zog an allen Ecken und Enden. Mein Nacken und der linke Hamstring machten mir am meisten zu schaffen, so dass ich selbst in der Wettkampfwoche noch ausserplanmässig in die Physiotherapie rennen musste.

Nein, als Duathleten hast du wahrlich nicht Freude an kaltem Wasser…

Rennwoche

Der Grund, weshalb ich mich für Würzburg entschieden habe, liegt in der Streckentopografie, welche dem Ironman Thun sehr ähnlich ist. Zudem absolviere ich bekanntlich immer wieder auch gerne Wettkämpfe mit unbekannter Konkurrenz, was den Rennverlauf unvorhersehbarer gestaltet. Zudem schien es eine sehr familiäre und liebevoll organisierte Veranstaltung zu sein, was ich seit jeher wesentlich sympathischer finde als die unterdessen völlig überteuerten Label-Veranstaltungen.

Das Wetter schwankte auch in den letzten Tagen vor dem Wettkampf hin und her. Mal Sonne, mal starke Regenfälle. Freitag und Samstag nutzte ich jeweils noch für einen kurzen Streckencheck. Alle drei Disziplinen fanden auf sehr attraktiven Strecken statt. Nach dem Schwimmen im idyllischen Erlabrunner See ging es mit dem Bike durch den hügligen Spessart und schlussendlich auf vier Laufrunden um den See und entlang dem Main.

Mit dem Beginn des Carboloadings am Freitag erhöhte sich auch die Nervosität zunehmend. Ich hatte meine beiden eher verpatzten Mitteldistanzen im letzten Jahr noch in guter Erinnerung und hoffte, dass der Körper nun zu 100% mitmachen würde. So oder so wollte ich mit einem mutigen Schwimmen starten, ein regelmässiges Pacing auf dem Rad anstreben und schliesslich mit guten Beinen auf den Halbmarathon gehen.

Eine tolle Schwimmstrecke im Erlabrunner See.

Schwimmen, 2.1km

Am Sonntagmorgen war bereits um 5:30 Uhr Tagwache. Nachdem ich mir den obligaten Kaffee sowie den Porridge ins Gesicht gedrückt hatte, waren die Lebensgeister zu 100% da. Ich freute mich nun tierisch auf den bevorstehenden Wettkampf und war überzeugt, hier und heute etwas reissen zu können.

Nach dem Einchecken in die Wechselzone absolvierte ich ein kurzes Warm-Up und reihte mich dann ganz vorne in der Startaufstellung ein. Da es ein Massenstart war, wollte ich möglichst viel Platz haben und mich nicht zuerst durch das Feld durchpflügen müssen. Um Punkt 9 Uhr wurde das Rennen eröffnet und die ganze Schar von rund 200 Mitteldistanz-Athleten/innen rannte in den See.

Es sei an dieser Stelle gesagt, dass ich nicht ganz sicher bin, ob die Schwimmstrecke wirklich 2.1km lang war. Irgendwas knapp unter 2km erscheinen mir aufgrund des Resultates wesentlich realistischer.

#swimmingduathlete Mit rund 4 Minuten Rückstand auf die Spitze kam ich aus dem Wasser. 

Wie bei einem Massenstart üblich musste man sich den eigenen Platz ziemlich hart erkämpfen. Ich bekam auch einige Hiebe ab, aber konnte mich zumindest aus dem Gröbsten raushalten. Das harte Anschwimmen schien sich auszubezahlen – trotzdem fühlte sich das Ganze eher bescheiden an. Ich fand auch nach einer Runde nur schwer einen guten Rhythmus und kämpfte bald mit dem Gedanken, dass ja noch zweieinhalb weitere Runden durch den See bevorstanden. Bei den Bojen erkannte ich jeweils grob meine Position aber auch den grösser werdenden Rückstand auf die Führenden. Nach etwa einem Kilometer wurde es zusätzlich erschwerend, da wir in den hinteren Teil der Startenden hineinschwammen und zum Überholen ansetzen mussten. Trotzdem konnte ich meine Linie mehr oder weniger beibehalten und stieg nach gut 29min aus dem See. Ich erhielt die Info, dass ich exakt 4 Minuten Rückstand auf den Führenden hatte. Der Fahrplan stimmte also, trotz dem schlechten Gefühl, soweit immer noch.

In der Wechselzone nahm ich mir wieder die Zeit, um die Socken bereits anzuziehen, was sicher ein paar Sekunden kostete. Dann schnappte ich das Bike und startete die Aufholjagd.

2:25 Std. alleine durch den Spessart pushen. Auf dem Bike musste ich heute jedoch nicht ans Limit gehen.

Bike, 91km – 1150 Höhenmeter

Die ersten Meter wurden zwangsläufig auf dem Rasen zurückgelegt, bevor wir dann aus dem Areal hinaus auf die gesperrte Hauptstrasse fuhren. Meine Schwimm-Skills schienen sich insofern verbessert zu haben, als dass ich erstmals mit akzeptablen Beinen auf die 91 Radkilometer startete. Schnell fand ich einen guten Rhythmus und musste mich immer wieder bremsen, um es nicht zu übertreiben. Da ich keine Ahnung hatte, wo ich mich rangmässig befand, fuhr ich stur nach Gefühl und Watt. Nach und nach sammelte ich Athleten ein und arbeitete mich nach vorne. Auch die Verpflegung klappte mustergültig und die geplanten 100g Kohlenhydrate pro Stunde schienen gefühlt am richtigen Ort anzukommen.

Beim Wendepunkt nach 45km erhielt ich die Info, dass sich der Rückstand halbiert hatte und nun bei 2min lag.

Es waren eher einsame 91km. Keiner der überholten Athleten machte Anstalten mitzuziehen, was mich vor allem in der zweiten Runde dann doch etwas mehr Anstrengung kostete. Wenn du alles allein fahren musst, kann das auf einer hügeligen Strecke dann doch etwas zäh werden. Zum Glück kenne ich es aus den Trainings nicht anders.

Nach Rennhälfte hörte ich wie Nadia mich über den Rückstand informierte: 2 Minuten auf den Führenden. Weiterhin schien ich also voll auf Kurs zu sein und schneller zu fahren als die Vorderleute.

Auf den letzten sechs flachen Kilometer nahm ich ziemlich früh etwas Druck heraus, um die Beine auf den Halbmarathon vorzubereiten. Im Nachhinein hätte ich dort wohl einfach durchdrücken sollen, aber dazu fehlte mir aufgrund der gemachten Erfahrungen etwas der Mut.

Laufen, 20km

Nachdem ich in der Wechselzone die Schuhe geschnürt, Mütze und Brille aufgesetzt und die Verpflegung in der Hand hatte, stürzte ich mich auf den abschliessenden Halbmarathon. Nachdem mir diese im letzten Jahr ziemlich Kopfzerbrechen verursachten, konnte ich viele Zweifel bereits beim Herauslaufen aus der Wechselzone beiseitelegen. Die Beine fühlten sich hervorragend an. Auch hier ermahnte ich mich innerlich dazu, nicht zu hart zu laufen, da es nun mehrheitlich wolkenlos war und die Sonne zunehmend heisser drückte. Da ich eher hitzeempfindlich bin, wollte ich das Risiko eines Einbruchs um jeden Preis vermeiden.

Am Ende der zweiten Laufrunde konnte ich erstmals im Rennen die Führung übernehmen. 

Beim Hinauslaufen bekam ich erneut zuverlässig die Info über die Abstände von meiner Frau zugerufen. Ich lag nun auf Position 2, rund eine Minute hinter dem Führenden Dominik Link. Beim Wendepunkt auf der ersten Runde konnte ich mir nun ein Bild des Kontrahenten machen. Er hatte weiterhin einen sehr runden Schritt und hohen Rhythmus. Trotzdem spürte ich wie sich der Abstand verkleinerte. Ich lief weiterhin sehr entspannte Kilometerzeiten um die 3:45min/km und näherte mich der Spitze nun Meter für Meter. Als ich das erste Mal bei Start/Ziel vorbeilief staunte ich nicht schlecht: Die ganze linke Seite war eine Wand von Zuschauern, welche uns Athleten anfeuerte. Es war ein einziges Triathlonfest. Nun kam ich mehr und mehr in eine Art Tunnel. Beflügelt von den Zurufen der Leute, ja sogar von Athleten auf der Strecke und dem Wissen, dass es nun um den Sieg geht, machte ich mich auf die letzten 15km. Nach 8km war es soweit: Ich zog am Führenden vorbei und übernahm nun nach rund 3 ½ Stunden die Spitze des Rennens.

Voller Fokus auf die Kühlung und Verpflegung.

Weiterhin versuchte ich den Rhythmus hochzuhalten, mich regelmässig zu verpflegen und an den Posten mit Wasser zu kühlen. Nach ca. 15km merkte ich nun kleinere Krampferscheinungen im Hamstring. Das war insofern etwas ärgerlich, als dass ich energetisch schneller hätte laufen können aber der Körper mir den Hinweis gab, es besser sein zu lassen. So hielt ich an meinem Pacing fest und bog mit einem sicheren Vorsprung auf die finale Runde ein. Ich erhielt nun bereits Glückwünsche vom Streckenrand. So schön es auch war und so sehr ich diesen Moment auch genoss: Fertig ist das Rennen auf der Ziellinie, weshalb ich die Konzentration hochhielt. Trotzdem musste ich die letzten Kilometer nicht mehr voll durchziehen, sondern konnte die Stimmung richtiggehend aufsaugen.

Das Rennen lief von A bis Z wie geplant. Der Zieleinlauf war dann auch ein absolutes Highlight.

Beim Einlaufen in den Zielbereich wurde ich dann doch noch etwas von meinen Gefühlen überwältigt. Ich hatte in den letzten Tagen auch immer wieder mit kleineren Zweifeln zu kämpfen und fühlte in dem Moment, wie sich eine grosse Erleichterung breit machte. Die Überquerung der Ziellinie war dann schlussendlich die Krönung eines genialen Wettkampftages.

Gratulation an Dominik Link und Kevin Antoni.

Fazit & Ausblick

Ich habe es oben geschrieben: den Anlass empfand ich als reines Triathlonfest. Selten habe ich eine grössere Fairness auf der Strecke erlebt als hier. So reichte mir bspw. ein Athlet von der olympischen Distanz bei der Verpflegung seinen zweiten Wasserbecher weiter, weil ich einen verpasst hatte. Oder Konkurrenten, welche mich beim Überrunden lauthals anfeuerten.

Immer wieder zeigen mir die Erlebnisse an Wettkämpfen, wie sehr der Sport Menschen in solchen Momenten zusammenbringt und wie viel wir dabei auch in den Alltag mitnehmen können. Gewinnen ist immer das eine, das gesamte Erlebnis werte ich jedoch wesentlich höher.

Trotz all den positiven Emotionen: Nach Würzburg ist vor Thun. Für mich heisst es jetzt kurz durchschnaufen und dann die letzten Wochen vor dem Ironman Thun nochmals gut zu nutzen.

Resultate Würzburg Triathlon

Bilder: mainpost.de, larasch.de, eigene

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