Allgäu Triathlon – Kult!

Allgäu Triathlon - Kult!

Neustart in den Ferien

Nachdem der letzte Rennbericht ja eigentlich versöhnlich geendet hatte, muss ich dennoch zugeben: Am Ergebnis beim Ironman Thun hatte ich im Nachgang trotzdem noch ordentlich zu kauen. Erst durch einige sehr wertvolle Gespräche konnte ich eine Art «Refraiming» des Ganzen vornehmen und damit abschliessen. Die anschliessenden Ferien im Schwarzwald waren Gold wert und gaben viel Distanz dazwischen. Es standen Bike-Touren mit meiner Frau auf dem Programm und erst nach zwei Wochen kam dann wieder eine Art Trainingsroutine auf.

Für diejenigen unter euch, welche auf Leistungsdaten abfahren: Ich absolvierte zu Beginn der zweiten Saisonhälfte nochmals einen Leistungstest, welcher mir eine VO2max von 74.53ml/min/kg und eine VLamax von 0.44mmol/l/s attestierte. Meine Schwellenleistung lag damit bei 365 Watt. Insgesamt also sehr erfreuliche Werte, welche mir zeigten, dass die weiteren Höhepunkte kommen konnten.

Duathlon de Nyon

Mit der Sprintdistanz (5km/20km/2.5km) beim Duathlon in Nyon, stand am 11. August endlich mal wieder ein Duathlon an. Ich freute mich sehr darauf, einfach mal draufloszuballern und nicht gross an Verpflegung und Pacing denken zu müssen. Bei satten 32 Grad startete das Rennen um 13:15 Uhr unter der brütenden Sonne. Ich hatte mich in den vergangenen Wochen bewusst ab und zu mal wieder der Hitze ausgesetzt und meinen Körper damit stetig akklimatisiert. Liquid-Ice und Vorhydrierung sorgten dann definitiv für ein gutes Gefühl.

Eine Stunde lang Vollgas bei 32 Grad! Aber der Spassfaktor war trotzdem gross!

Mit Andrea Alagona, Daan de Groot und Wout Driever standen drei sehr starke Konkurrenten ebenfalls am Start und es versprach ein gutes Rennen zu werden. Von Beginn weg wurde ordentlich auf das Gaspedal gedrückt. Nach einer Runde waren wir dann tatsächlich nur noch zu dritt an der Spitze. Da ich den Wettkampf vor allem auch als guten Formbooster betrachtete, erhöhte ich rund 300m vor dem Wechsel das Tempo und stieg in Führung liegend auf das TT-Bike.

Ich freute mich auf etwas zu trinken und Abkühlung. Was dann passierte war wie ein schlechter Scherz: Ich erwischte ein kleines Schlagloch und weg war die Aeroflasche. Mir war sofort klar, dass nun ziemlich üble 30 Minuten vor mir lagen. Irgendwie habe ich es zurzeit mit verlorenen Flaschen…

Wie dem auch sei: De Groot und ich attackierten uns in der ersten Runde permanent gegenseitig, während Alagona uns in der Abfahrt überholte und langsam davonzog. Bald war klar, dass es «nur» noch um Platz 2 gehen würde. Eingangs des 2. Laufes konnte ich dann endlich einen Schluck Wasser trinken und gleichzeitig etwas kühlen. Ich verschlief es in dem Moment mit de Groot mitzulaufen, obwohl ich mich eigentlich gut fühlte. So wurde es dann ein kontrollierter, aber nicht «ausgekotzter» 3. Rang, mit dem ich trotzdem sehr zufrieden war. Vor allem die Leistungswerte bestätigten mein gutes Gefühl.

So oder so war es ein Highlight, wieder mit der Duathlon-Familie am Start zu stehen.

Einen soliden 3. Rang und ein gutes Gefühl durfte ich von Nyon mit nach Hause nehmen.

Allgäu Triathlon Mitteldistanz

Mit dem Allgäu Triathlon nur eine Woche danach stand dann ein weiteres Highlight und gleichzeitig eine Art Hauptprobe für die Duathlon-WM in Zofingen an.

Die Triathlon Veranstaltung bei Immenstadt hat absoluten Kult-Status und allein die Mitteldistanz war mit über 1000 Teilnehmenden hervorragend besetzt. Wenn ein Rennen nach 90 Minuten bereits ausverkauft ist, spricht das eine deutliche Sprache. Hotspots wie der Kalvarienberg oder der Kuhsteig sind in der Triathlon-Szene bekannte Begriffe und machen die Strecke zu einem Mythos. Vor Jahresfrist gewann Patrick Lange das Rennen vor Ruben Zepuntke – also definitiv ein Wettkampf, der grosse Namen anzieht.

Die Allgäuer spinnen in Bezug auf diesen Triathlon tatsächlich ein bisschen – das meine ich aber zu 100% im positiven Sinne! Es ist eine in sich von A bis Z konsequent durchorganisierte und sehr lebendige Veranstaltung, welche die ganze Bevölkerung der Region mit an Bord holt. Zudem wurde ein cooles Rahmenprogramm geboten, inklusive einer tollen Expo! Ihr merkt es: Ich habe mich etwas in die Veranstaltung verliebt.

So viel Gutes ich über die Organisation am grossen Alpsee sagen kann, so stark sorgten die Wetterprognosen für Stirnrunzeln: ausgerechnet für den Sonntag war unterirdisches Wetter angesagt, weshalb ich mir doch einige Gedanken über die ganze Ausrüstung machte. Gleichzeitig war der See von den vergangenen Wochen sehr warm und kratzte immer an der Grenze von 24-25 Grad. Eine Temperatur von 24.5 Grad würde ein Schwimmen ohne Neoprenanzug bedeuten, was für mich natürlich suboptimal wäre.

Ja, es war kurz vor dem Start tatsächlich so düster wie auf dem Bild. Aber trotzdem war der See mit über 24 Grad sehr warm.

Schwimmen, 1.9km

Tatsächlich hing am Sonntagmorgen eine dichte Wolkendecke über Immenstadt – noch war es aber trocken. Kurz nach dem Einchecken um 6:00 Uhr kam aber immerhin die Meldung, dass mit dem Neoprenanzug geschwommen werden durfte. Was mich etwas ärgerte war die Tatsache, dass ich in der zweiten Startgruppe starten musste, welche 15 Minuten nach der ersten in den See geschickt wurde. Die Einteilung wurde schlicht nach den Alterskategorien vorgenommen, weshalb ich da in den sauren Apfel beissen musste. Da die Top-Leute allesamt in der ersten Gruppe waren, bedeutete dies für die Radstrecke, dass ich von keiner Gruppe profitieren konnte, sondern alleine fahren musste.

Nach dem kurzen Einschwimmen begab ich mich mit 400 anderen Athleten hinaus zur Startlinie. Das Spezielle am Allgäu-Triathlon ist der Massenstart und der direkte Start im See. Mit einem gewaltigen Kanonenschuss und Rauchpetarden wurde unsere Gruppe um 8:10 Uhr losgeschickt. Tatsächlich war ich aufgrund der Panikattacke im Thunersee etwas zurückhaltend und startete eher kontrolliert. Auch hier gab es erneut einen kleinen Moment, in welchem ich mich kurz selbst beruhigen musste, sonst verlief jedoch alles nach Plan. Die teils spürbare Strömung in Kombination mit leichtem Wellengang veranlasste mich wahrscheinlich automatisch etwas defensiver an die Sache heranzugehen.

Keine Ahnung wieso ich nach dem Schwimmen immer so gezeichnet aussehe…?

An wievielter Stelle ich aus dem Wasser kam, war schwer einzuordnen. Angefühlt hat sich das Ganze eher etwas zäh und so war ich im Endeffekt ziemlich überrascht, dass es die 53. beste Schwimmzeit war. Auf der langen Strecke hinauf zur Wechselzone legte es mich auf dem schmierigen Untergrund kurz mal hin, glücklicherweise jedoch ohne Folgen.

Bike, 92km, ~1300Hm

Nach einem zügigen Wechsel preschte ich los in Richtung Immenstadt. Die Strecke war 6km länger als in den Vorjahren und genau nach meinem Geschmack. So freute ich mich richtiggehend auf die total 1300 Höhenmeter. Ein erstes Highlight passierte ich bereits nach knapp 3km: Der Kalvarienberg ist ein Publikumsmagnet und so verging in den Zuschauermassen die im Schnitt 9% steile Steigung wie im Flug. Die Kuhschellen (typisch für den Allgäu-Triathlon) waren ohrenbetäubend und die Stimmung löste Gänsehaut aus.

Beim Herunterfahren bemerkte ich dann ein konstantes Klappern. Mir stockte für einen kurzen Moment der Atem, als ich sah, dass der linke Triathlonlenker ziemlich quer in der Landschaft stand. Die Elektronik schien jedoch noch zu funktionieren, was in dem Moment das Wichtigste war. Ich realisierte aber bald einmal, dass ich den Lenker immer wieder kurz hinbiegen konnte, wenn ich in die Aeroposition wollte. Bergauf in Base-Bar-Position verschob er sich jeweils wieder. Ich fand mich damit ab und war überzeugt, dass dies auf meine Leistung keinen Einfluss haben würde. Aber es ist aktuell echt ein kleiner Fluch: es ist einfach trotz dreifachen Checks immer etwas.

Mit mässigen Beinen gelang mir eine anständige Performance auf dem Bike. Schade, dass ich aufgrund der Startgruppe alles alleine fahren musste.

Es begann nun wie aus Kübeln zu regnen und muskulär merkte ich, dass ich dadurch nicht die ganze Power auf die Strasse bringen konnte. Trotzdem konnte ich mehr oder weniger am angestrebten Pacing festhalten und pflügte mich nun konsequent nach vorne. Irgendwann begann ich Athleten aus der ersten Startgruppe einzusammeln, was mental ein zusätzlicher Kick war. Leider wurde ich in zwei Überholverbots-Zonen von total ca. 1km ziemlich ausgebremst, da die Vorderleute sehr langsam unterwegs waren. Ich besann mich zur Ruhe und bereitete mich in der nebligen und total durchnässten Landschaft auf die zweite Radrunde vor. Hier kamen mir wohl die Zofingen-Erfahrungen aus dem Regenrennen 2021 zugute, denn die Bedingungen störten mich null. Richtig cool war der Zuschaueraufmarsch in den Aufstiegen oder in den Dörfern – ein regionales Volksfest.

Beim Einbiegen auf die zweite Runde gab ich mir selbst den Befehl, etwas härter zu pushen und weiter zu investieren. Irgendwann sprang mir kurz mal die Kette raus, ansonsten verlief alles nach Plan. Einzig der immer wackliger werdende Triathlon-Lenker machte mir etwas Sorgen und ich betete, dass die Schrauben bis ins Ziel halten würden.

Beim letzten Aufstieg ging ich nochmals etwas mehr ans Limit und so erreichte ich zwei nahezu gleich schnelle Rundenzeiten. Die im Endeffekt 7. beste Velozeit in diesem sehr starken Feld zeigt, dass Vieles trotzdem sehr gut gepasst hat.

Das Wetter war schlicht unterirdisch. In den Abfahrten und Kurven war daher die nötige Vorsicht geboten.

Lauf, 20km, ~180Hm

Ich kam im totalen Blindflug in die Wechselzone und wusste nichts über meine Position. Der Live-Tracker spuckte immer wieder wechselnde Angaben heraus, was es auch Nadia verunmöglichte, mir zuverlässige Infos reinzugeben. Als ich beim Herauslaufen aus der Wechselzone irgendwas von Rang 30 (im Nachhinein auch eine Fehlinformation) hörte, konnte ich das beinahe nicht glauben. In dem Moment warf ich die vorgesehene Pacingstrategie über den Haufen und drückte im strömenden Regen nun voll auf das Tempo: der erste Kilometer in 3:31min, der zweite aufwärtsführende Kilometer in 3:42min. Entweder explodierte ich oder ich brachte mein anvisiertes Top10-Resultat ins Ziel. Leider stieg die Uhr nach 20 Minuten aus und stürzte in der Folge immer wieder ab, so dass ich nur vereinzelte Anhaltspunkte des Splits hatte. Das Gefühl passte und auch der Umstand, dass ich mich weiterhin Position um Position nach vorne arbeiten konnte, liess mich den Rhythmus hochhalten. Ich versuchte nun anhand der zurücklaufenden Athleten herauszufinden, wie ich genau im Rennen lag. Die Startnummern verrieten mir, dass nur noch Athleten aus der 15 Minuten früher gestarteten Gruppe vor mir lagen – die Top10 lagen also in Griffweite.

Ich warf das Pacing kurzerhand über Bord und lief nach Gefühl.

Es ging vorbei an Bauernhöfen, dem See entlang bis nach 7.5km der Wendepunkt kam. Dann galt es die wellige Strecke zurückzulaufen. So sehr man mit sich selbst beschäftigt ist, so coole Momente kann es spontan trotzdem geben: Beim Überholen eines Kontrahenten klatschten wir kurz ab und verabredeten uns auf ein Bier im Ziel. Eben, bei allem Kämpfen um Sekunden sind es vor allem diese Augenblicke, welche in Erinnerung bleiben.

Mental bereitete ich mich langsam auf den berüchtigten Kuhsteig vor, welcher bei Kilometer 15 wartete. Auf 200m mussten dabei rund 30 Höhenmeter erklommen werden – und das bei einer Neigung von teils über 25%. Das Pièce de Résistance schlechthin. Ich ging nun definitiv «all in» und pushte mich den Berg hinauf durch das Spalier an Zuschauern. Die Leute feierten jeden einzelnen Athleten mit einem ohrenbetäubenden Lärm. Auf den letzten Metern musste ich dann kurz gehen, bevor ich mit leichtem Schwindel und erhöhtem Laktatpegel oben ankam. Ich habe in all den Jahren schon Einiges erlebt – diese eine Minute den Kuhsteig hinauf gehört jedoch zweifelsohne zu den ganz grossen Highlights.

Der Kuhsteig: eine der verrücktesten Stellen im ganzen Triathlon-Zirkus. Und das nach 4 Stunden Renndauer…

Danach hiess es auf die Zähne beissen und die fiese Zusatzschlaufe, inklusive kleineren Windböen, nach Immenstadt zu bewältigen. Bei Kilometer 19, also kurz vor dem Ziel, merkte ich deutlich, wie die Kräfte anfingen zu schwinden. Nach 4:38 Stunden lief ich im Ziel ein, ohne zu wissen, auf welchem Rang ich nun eigentlich lag. Die Top10 wollte ich erreichen, ein 8. Rang wurde es im Endeffekt. Eine riesengrosse Erleichterung und Genugtuung! Es gab mir zudem auch einen Hinweis, wo ich im Vergleich zur europäischen Triathlon-Elite in etwa stehe. 

Nun heisst es Schrauben anziehen beim TT-Bike und die Form hinsichtlich der Duathlon-WM in Zofingen weiter steigern.

Hallo Ziel! Die Top10 habe ich anvisiert, ein 8. Rang wurde es!

Ergebnisse

Bilder: www.sportograf.com, www.alphafoto.com

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